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Berlin: Fahrgäste warten länger – sind darüber aber gut informiert

Nach der U-Bahn bekommt auch die Straßenbahn das Auskunftssystem Daisy. Doch die Züge fahren seltener – und weiterhin fast nur im Osten

Die Straßenbahn bleibt ein Verkehrsmittel für den Ostteil der Stadt. Pläne für eine flächenweite Rückkehr auch in westliche Bezirke würden nicht weiter verfolgt, sagte gestern Straßenbahnchef Wolfgang Predl. Nur kleine Netzergänzungen werde es noch geben. Das vorhandene Netz wird jedoch weiter modernisiert. Noch in diesem Jahr will die BVG bis zu 100 neue elektronische Anzeigetafeln an Haltestellen aufstellen, die den Wartenden zeigen, wann die nächste Bahn kommt. Bei der U-Bahn ist dieses Dynamische Auskunfts- und Informationssystem (Daisy) bereits eingeführt.

Auf die Angabe der exakten Abfahrtszeiten werden die Fahrgäste in Zukunft auch besonders angewiesen sein. Was die zum Sparen verurteilte BVG nämlich „Angebotsoptimierung“ nennt, bedeutet für den Fahrgast, dass er auf Strecken mit wenigen Fahrgästen bald länger auf die Bahnen warten muss. Zur „Angebotsoptimierung“ gehört nämlich auch, dass die Züge seltener fahren. Auch Linien werden geändert oder fallen ganz weg. Im Dezember will die BVG so die Linie 24 aufgeben, die jetzt noch die Hansastraße in Weißensee mit dem Virchow-Klinikum in Wedding verbindet. Insgesamt soll das gesamte so genannte Nordnetz „optimiert“ werden.

An Streckenstilllegungen denkt die BVG nach Predls Angaben derzeit jedoch nicht. Darüber müsse man aber neu entscheiden, wenn Gleise auf Strecken saniert werden müssen, auf denen nur eine geringe Zahl von Fahrgästen unterwegs ist. Dazu zählen zum Beispiel die Linie 52 zwischen dem Pastor-Niemöller-Platz und der Schillerstraße in Niederschönhausen oder die Linie 61 von Friedrichshagen nach Rahnsdorf.

Während zumindest ein Teil der Fahrgäste in Zukunft länger auf die Bahnen warten muss, will die BVG während der Fahrt weiter Tempo machen. 14 zusätzliche Ampelanlagen sollen noch in diesem Jahr so umgebaut werden, dass die Bahnen eine „Grüne Welle“ erhalten. Eine Lücke im Beschleunigungsprogramm gibt es dann fast nur noch in der Innenstadt, wo die Verkehrsplaner des Senats bisher nicht mitzogen.

Die BVG profitiert von diesem Programm vor allem selbst. Nach Investitionen von rund 40 Millionen Euro in die Beschleunigung kann das Unternehmen seine Ausgaben jetzt jährlich um 2,26 Millionen Euro senken; 15 Züge müssen nun weniger eingesetzt werden.

Doch nicht nur wegen des höheren Tempos hat die BVG inzwischen einen Fahrzeugüberschuss. „Wir haben zu viele alte Tatra-Bahnen modernisiert“, gibt Predl zu. Den bei der Auftragserteilung erwarteten Verkehrszuwachs habe es nicht gegeben. Nun versucht die BVG, überzählige Bahnen zu verkaufen. Insgesamt hat die Straßenbahn 602 Fahrzeuge. Davon sind nur 150 Neubaufahrzeuge, die auch behindertengerecht sind. An den Kauf weiterer neuer ist derzeit nicht zu denken, so Predl weiter. Doch wenn es eines Tages so weit sein sollte, weiß die BVG schon heute, dass die Bahnen dann breiter sein werden als heute. Für die Fahrgäste bedeutet das mehr Komfort beim Sitzen. Leiser sind die Bahnen nach Predls Angaben bereits geworden. Der Umbau der lauten Getriebe bei den Neubaufahrzeugen sei abgeschlossen; beim Gleisbau reduziere ein von der BVG entwickeltes Verfahren den Lärm.

So bald die Finanzierung gesichert ist, will die BVG auch in weiteren Bahnen Kameras einbauen. Bisher sind 30 Straßenbahnen damit ausgestattet. Die Zahl der Schmierereien und Zerstörungen ist anschließend nach BVG-Angaben erheblich zurückgegangen.

Die Straßenbahner der BVG sind so gut, dass sie sogar die Kollegen in Athen beim Aufbau eines neuen Netzes beraten. Ob die Strecken bis zu den Olympischen Spielen fertig werden, ist jedoch ungewiss. Doch mit dem Bau hat die BVG in Athen nichts zu tun.

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