zum Hauptinhalt

Fahrzeugüberprüfung der Polizei: "Der Bus fährt so auf keinen Fall"

Erneut stoppt die Polizei eine Klassenreise, bevor sie begann. Wieder bestand Gefahr eines Motorbrands. Wie genau wird überprüft?

Rund 30 aufgeregte Zehntklässler stehen am Mittwochmorgen mit ihren Koffern vor der Askanischen Oberschule in Tempelhof. In wenigen Minuten soll die lang ersehnte Abschlussreise nach Prag beginnen. Wie bei jeder Klassenfahrt haben die Eltern vorher bei der Polizei darum gebeten den Bus zur Sicherheit zu überprüfen. Für Lehrerin Elke Meyer-Bochow reine Routine, Probleme gab es in der Vergangenheit nie. Doch dieses Mal ist alles anders. Nach zehn Minuten kommt für die Schulklasse der Schock. „Der Bus fährt so auf keinen Fall“, sagt Polizeihauptkommissar Mario Gaede und schüttelt den Kopf.

Mit Taschenlampe und Fotokamera bewaffnet, war er zuvor mit seinem Kollegen unter den Motorraum geklettert. Dort entdeckten sie herabtropfendes Öl am Auspuff. Eine der häufigsten Ursachen für gefährliche Motorbrände. „Wenn man die Woche 5000 Kilometer fährt, kann so was schon mal passieren“, kommentiert der Busfahrer nüchtern das Ölleck. 636 000 gefahrene Kilometer zeigt die Anzeige.

Die telefonisch verständigte Geschäftsführerin der Busvermietung König ist über die Kontrolle verärgert. Sie will nicht einsehen, dass sie einen Ersatzbus schicken soll und droht damit, sich bei der Polizei über die Beamten zu beschweren. Mario Gaede ist das gewohnt. An seiner Entscheidung den Bus „stillzulegen“, wie der Fachbegriff heißt, ändert das Gespräch nichts. Seit 20 Jahren arbeitet der 50-Jährige beim Verkehrsdienst. Unterdessen prüft sein Kollege mit einem hochsensiblen Infrarotthermometer die Bremsen auf Überhitzung. Danach kommen die Reifenprofile und die Sicherheitsgurte im Fahrgastraum dran.

Für Meyer-Bochow und ihre Klasse wird die Situation immer mehr zu Katastrophe. Nach einer Stunde steht fest, dass die Busvermietung nur dieses eine Fahrzeug hat. Schließlich einigt man sich mit der Geschäftsführung, dass der Bus direkt in eine Werkstatt fährt und repariert werden soll. Die Klasse nimmt die Verspätung gelassen. Ein Schüler sitzt am Straßenrand und spielt Gitarre. Ein Mädchen bietet der genervten Lehrerin etwas von seinem Reiseproviant an.

Bevor der elf Jahre alte Bus zur Werkstatt aufbricht, gibt es noch ein dickes Knöllchen von der Polizei. Drei Punkte in Flensburg und 180 Euro Bußgeld kommen auf das Unternehmen zu. Geschäftsführerin Simone König kann die Aufregung nicht verstehen. „Das ist doch ein bisschen übertrieben“, sagt sie. „Von der Sache her“ sei tropfendes Öl doch nicht so schlimm wie beispielsweise defekte Bremsen. Am Montag hätte der Bus sowieso in die Werkstatt gemusst. Mit sieben Stunden Verspätung fuhr der reparierte Bus schließlich am Nachmittag los. „Das Reisebüro konnte uns keinen Ersatzbus schicken“, sagt Meyer-Bochow.

Allein in diesem Jahr hat die Polizei schon über 260 Schulreisebusse kontrolliert. Im gesamten Jahr 2010 überprüfte der Verkehrsdienst rund 460 Busse, im Jahr zuvor 540. Insgesamt geht die Zahl entdeckter Mängel stetig zurück. Trotzdem finden die Beamten immer wieder schwarze Schafe, deren Reisebusse so marode sind, dass sie sofort gestoppt und abgeschleppt werden müssen. So auch am Montag: Wie berichtet, wollten 64 Schüler und vier Lehrer des Dahlemer Arndt-Gymnasiums nach Polen fahren. Doch dann entdeckten die von den Lehrern angeforderten Polizisten ein Leck in der Ölwanne und Probleme an der Lenkung. Die Beamten stellten das Fahrzeug sicher und ließen es zu einer Dekra-Prüfstelle schleppen. Die Schüler konnten erst mit sieben Stunden Verspätung in einem Ersatzbus aufbrechen.

Die für den knapp zehn Jahre alten Bus verantwortliche Firma BFB Hoppegarten beteuerte, dass der Bus wie vorgeschrieben alle drei Monate überprüft wurde. Anders als zunächst berichtet, fanden die Kontrollen nach Angaben von Dekra-Pressesprecher Friedhelm Schwicker nicht in Prüfstellen seines Unternehmens statt. Neben der Dekra gibt es noch mehrere andere Prüforganisationen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Vorwürfe, dass kleine Prüfstellen ihre Arbeit manchmal nicht so genau nehmen, vor allem wenn das nötige Geld fließt.

„Wir haben in den letzten Jahren verschiedene Sicherheitsmaßnahmen entwickelt“, sagt Schwicker. Neben Schulungsmaßnahmen für die 25 000 Mitarbeiter gebe es eine interne Überwachung und regelmäßig verdeckte Tests in den Prüfstellen. Probleme habe die Dekra eher mit Betrugsversuchen der Fahrzeuginhaber. Es komme immer wieder vor, dass Busse mit geliehenen Reifen von anderen Fahrzeugen zur Kontrolle rollen oder sogar ganze Tüv-Berichte inklusive Dekra-Stempel gefälscht werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false