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Fall Sürücü: Mahnwache am dritten Todestag

Kränze, Tränen und Kritik: Freunde und Politiker gedenken der Deutsch-Türkin Hatun Sürücü, die vor drei Jahren Opfer eines so genannten Ehrenmordes wurde.

Landespolitiker sowie Freunde und Bekannte legten am Morgen am Tatort in der Tempelhofer Oberlandstraße Kränze und Blumen nieder. Zum dritten Jahrestag des Todes der damals 23 Jahre alten Mutter mahnten zahlreiche Politiker ein stärkeres Engagement gegen Ehrenmorde und Zwangsehen an.

Zu den Anwesenden zählten Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke), der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sowie die Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates. Ein Gebinde wurde auch im Namen des Sohnes der Ermordeten niedergelegt.

Eichstädt-Bohlig: Brutaler Schwestermord

Knake-Werner sagte, es sei immer noch nicht in den Köpfen mancher Menschen angekommen, dass "Ehrenmorde keine kulturelle Besonderheit sind, sondern ein Verbrechen". Sie will immer wieder thematisieren, "dass wir so etwas nicht akzeptieren". Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig betonte, der "brutale Schwestermord" sei eine fortdauernde Mahnung. Man müsse sich immer wieder dafür einzusetzen, dass "Integration die Menschen achtet, so wie sie leben wollen".

Die Grünen-Migrationsexpertin Bilkay Öney forderte vom Senat eine systematische, breitangelegte Kampagne, wie sie CDU-Familienminister Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen angestoßen habe. Bezirksbürgermeister Ekkehard Band (SPD) sagte, dass sich "überkommene Wertvorstellungen" dort halten könnten, "wo Bildung nicht ankommt".

Gedenken unter Tränen

Freunde der Toten verfolgten das Gedenken teilweise unter Tränen. Eine Freundin Sürücüs, Gülsah Solmaz, sagte am Rande der Veranstaltung, sie hoffe, der Tod der jungen Mutter sei nicht umsonst gewesen. "Was ist schlimm daran, wenn Frauen eine Ausbildung wollen? Man muss sie akzeptieren, wie sie sind."

Die nach einer Zwangsehe geschiedene Mutter eines damals fünf Jahre alten Sohns war von ihrem jüngeren Bruder in der Nähe einer Bushaltestelle mit mehreren Schüssen getötet worden. Sie hatte sich geweigert, zu ihrem Ehemann in die Türkei zurückzukehren und eine Lehre als Elektrotechnikerin begonnen. Der zum Tatzeitpunkt 18-Jährige hatte nach eigenen Angaben den westlichen Lebensstil seiner Schwester als Kränkung der Familienehre empfunden. Der Fall hatte eine deutschlandweite Debatte über Zwangsehen ausgelöst.

Karoline von Graevenitz[ddp]

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