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FDP kritisiert „Spirale der Armut“: Zehntausende Kinder in Berlin kriegen Klassenfahrten vom Staat bezahlt

Die Zahlen der Bildungsverwaltung gleichen einem Armutsatlas für Berlin. Doch die Behörde verschweigt die Kosten für die Bezahlung der Fahrten – dabei müssten sie vorliegen.

Die Anzahl von Kostenübernahmen bei Schulklassenfahrten steigt wieder deutlich. Allein im ersten Halbjahr 2022 wurden die Kosten für fast 14.000 Berliner Schülerinnen und Schüler übernommen. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Tobias Bauschke hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Hochgerechnet auf das Jahr nähert sich die Zahl der finanzierten Klassenfahrten damit wieder dem Niveau von vor der Pandemie an. 2018 und 2019 wurden jeweils nahezu 40.000 Klassenfahrten finanziert. In den vergangenen beiden Jahren waren die Zahlen aufgrund der Corona-Maßnahmen deutlich abgesunken, weil vielerorts überhaupt keine Klassenfahrten stattfanden.

Der FDP-Abgeordnete Bauschke sagte dem Tagesspiegel: „Es ist erschreckend, wie Tausende von Kindern und Jugendlichen mit ihren Eltern auf finanzielle Unterstützung für Klassenfahrten angewiesen sind.“ Es habe seither keine Verbesserung für Familien gegeben, sondern die Zahlen würden nun wieder wachsen. „Wenn wir die Spirale der Armut durchbrechen wollen, dann müssen wir gerade für diese Kinder und Jugendlichen alle Chancen auf Bildung und Teilhabe schaffen“, sagte Bauschke. „Die Klassenfahrt und der Bildungsabschluss dürfen keine Frage der finanziellen Möglichkeiten der Eltern sein.“

An der Übernahme der Bezahlung der Klassenfahrten lässt sich eine Art Sozialatlas von Berlin zeichnen: Vor der Pandemie und auch in der ersten Jahreshälfte dieses Jahres gab es mit Abstand die meisten Übernahmen in den Bezirken Mitte (2066 Fahrten) und Neukölln (1938). Auf Platz drei folgt Friedrichshain-Kreuzberg, dann kommen Lichtenberg (1152) und Reinickendorf (1097).

Die Fahrten werden aus dem Paket für Bildung und Teilhabe finanziert. Daraus werden nicht nur die Kosten für Klassenfahrten und Schulausflüge bezahlt, sondern auch Schulbedarf wie Zeichen-Materialien oder Nachhilfeunterricht. Beantragen können die Kostenübernahmen Hartz-IV- und Sozialhilfeempfänger, Familien mit Wohngeld oder Kinderzuschlag und Asylbewerber.

Die wenigsten Kostenübernahmen für Klassenfahrten gab es im ersten Halbjahr 2022 in den Bezirken Steglitz-Zehlendorf (527), Charlottenburg-Wilmersdorf (745) und Treptow-Köpenick (773). Eine durchschnittliche Klassenfahrt dauert laut Bildungsverwaltung fünf Tage. Statistiken über die Kostenentwicklung werden nicht erhoben. Zuletzt wurden 2016 Zahlen veröffentlicht: Damals wurden zehn Millionen Euro für Kinder armer Familien ausgegeben, damit sie mitfahren konnten. Damals kostete eine Fahrt im Schnitt 504 Euro pro Kind. 

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