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Berlin: Flotte Fahrt ins Zentrum, Warten am Stadtrand

Die BVG will schnelle Metro-Buslinien ausbauen. Nebenstrecken werden ausgedünnt. Ein Pro und Contra

Bis zu 50 Metro-Bus- und -tramlinien sollen ab dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember auf den Hauptverkehrsachsen fahren. Mindestens im 10-Minuten-Takt sollen sie in den Bereichen, die nicht durch U- oder S-Bahn erschlossen sind, für schnelle Verbindungen auch in den Randbezirken sorgen. Und dies fast rund um die Uhr. Während dieser Teil des neuen BVG-Konzeptes „2005 plus“ überwiegend Zustimmung findet, stößt die parallel geplante Ausdünnung des dann noch aus etwa 125 Linien bestehenden Ergänzungsnetzes, das den Anschluss in die Kieze besorgt, auf Skepsis.

Rund 27 Millionen Fahrgäste zusätzlich will die BVG pro Jahr in Busse und Bahnen locken. Doch wenn sich das Angebot auf anderen Strecken so verschlechtert, dass die Bürger, die am Stadtrand lange Wartezeiten vermeiden wollen, verstärkt ins eigene Auto steigen, wird das Konzept nicht aufgehen, befürchten die Verkehrsexperten Michael Cramer (Grüne) und Christian Gaebler (SPD). Gegen eine Schwerpunktsetzung sei nichts zu sagen, sagt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD). Das dürfe aber nicht dazu führen, „dass die Leute außerhalb des S-Bahnringes wieder mit dem Tretroller fahren“. Wenn Linien von der Bevölkerung nicht angenommen werden, sei es richtig, dort die Abstände zu vergrößern, meint seine Reinickendorfer Kollegin Marlies Wanjura (CDU). Auch wenn dies „im Einzelfall zu persönlicher Härte“ führe. Die Einführung kleinerer Kiezbusse sei eine Alternative, die sich im Norden Berlins bewährt habe.

Man müsse abwarten, wo Abstriche zugunsten der Metrolinien gemacht werden, sagt der Gründer der Bürgerinitiative Spandauer Verkehrsbelange, Jürgen Czarnetzki. Wenn man in den Außenbezirken künftig wieder 30 Minuten auf den Bus warten muss, „wie zu meiner Kindheit“, wäre das kritisch zu betrachten. Allerdings seien die Berliner auch verwöhnt: „In Westdeutschland kommt der Bus dreimal am Tag.“ Mit 19,5 Prozent kommt die U-Bahn werktags zwischen 4 und 24 Uhr auf die höchste durchschnittliche Auslastung, so BVG-Marketingchef Tom Reinhold. Bei den Bussen sind es 16,5, bei der Tram 14,9 Prozent.

Bei den Bussen, so haben die Analysen ergeben, sinkt die Frequentierung durch die längeren Öffnungszeiten der Geschäfte am Samstagmorgen zwischen 5 und 9 Uhr noch auf 5,6 Prozent, sonntags sind sie im gleichen Zeitraum sogar nur zu 3,3 Prozent ausgelastet. Während die Tram auf den Hauptrouten gut frequentiert ist, lässt die Nutzung im Köpenicker Netz und in der historischen Mitte zu wünschen übrig.

Detailliert hat die BVG ermittelt, wie einzelne Linien oder Streckenabschnitte genutzt werden. In den schwach ausgelasteten Bereichen will das Unternehmen das Angebot „etwas reduzieren, bei Sicherstellung der Erschließung“, betont Reinhold. Denn beim Zuwachs setzt der Verkehrsbetrieb speziell auf die Randbezirke. Hier sieht der Marketingchef „hohe Potenziale“. Innerhalb des S-Bahnringes seien dagegen „kaum noch neue Kunden zu gewinnen“. Grundsätzlich sei ein 20-Minuten-Takt im Ergänzungsnetz geplant, sagt Reinhold. Denkbar sei aber, bestimmte Linie in extrem schwachen Zeiten nicht oder durch ein flexibles Angebot zu bedienen. Auch müssten nicht drei verschiedene Linien in einem Radius von 300 Metern verkehren. Verkehrsexperten bezweifeln jedoch die Auffassung der BVG, dass Fahrgäste bereit seien, bei zügigen Anschlüssen mehrfaches Umsteigen zu akzeptieren. In den nächsten Wochen wollen die Verkehrsbetriebe das Konzept bei Veranstaltungen mit Bürgern, Kommunalpolitikern und Verbänden debattieren. Dabei sollen verschiedene Varianten der Streckenführungen zur Diskussion gestellt werden. Das endgültige Liniennetz soll dann im Sommer vorliegen.

Rainer W. During

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