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Ein Schild zeigt an, wo eine Unterkunft für Flüchtlinge entsteht.

© dpa

Flüchtlingshelferin in Berlin-Buch: "Ich finde den Standort nicht gut"

Eine Helferin engagiert sich in Buch für die Flüchtlinge. Doch gerade hier gibt es immer wieder Anschläge. Im Interview erzählt Monika Bergen, warum sie nicht klein beigibt.

Am Donnerstag soll in Berlin-Buch ein weiteres Containerdorf für Flüchtlinge eröffnet werden. Doch immer wieder gab es hier Anschläge von Rechtsextremen, zuletzt auf den Wachschutz. Monika Bergen ist Juristin und engagiert seit sechs Jahren ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Für die Initiative des Flüchtlingsheims in Buch gibt die 73-Jährige Deutschkurse für Flüchtlinge und hilft ihnen bei der Wohnungssuche.

Frau Bergen, kurz vor der Eröffnung des Containerdorfs in Buch haben in dieser Woche Männer davor randaliert und Sicherheitsleute angegriffen. Schon zuvor ist es schon zu ähnlichen Vorfällen gekommen. Wie ist die Stimmung?

Ich selbst war noch nicht vor Ort. Den Vorfall habe ich nur aus der Ferne mitbekommen. Das wir mit so etwas rechnen müssen, ist ganz klar. Denn schon beim Tag der offenen Tür der AWO, gab es viele Leute die mit kritischer Einstellung vorbeigekommen sind. Und es waren auch bekannte Neonazis darunter. Ich hoffe, es entwickelt sich gut in Buch. Es kann nicht sein, dass wir da klein beigeben. In unserer Initiative sind mittlerweile 150 Leute, die die Flüchtlinge unterstützen. Aber es muss aufgepasst werden.

Stellt sich da nicht die Frage, ob der Standort Buch überhaupt geeignet ist?

Das ist die ganz große Frage. Viele Unterkünfte werden ja an den Stadtrand gestellt und der Standort Buch ist sicherlich schwierig. Ein Beispiel: Ich habe ein kleinen afghanischen Jungen in einer Schule untergebracht, der wurde von anderen Schülern attackiert. Ich finde den Standort nicht gut. Meines Erachtens ist das ein Planungsfehler.

Was könnte man besser machen?

Der Kontakt zur örtlichen Bevölkerung ist sicher schwierig und durch die Lage ist der Weg in die Stadt kompliziert. Den Menschen hier das Leben zu erleichtern, dafür sind wir als Initiative da. Es ist auch wichtig, dass die Politik Flüchtlinge zu ihrer Aufgabe macht. Der Aspekt der Gleichbehandlung sollte mehr in den Vordergrund kommen. Die Welt ist zu klein, als dass wir so tun können: Das ist unseres und alles andere geht uns nichts an.

Und wie genau helfen Sie den Flüchtlingen?

Ich begleite sie bei der Wohnungssuche und gehe mit auf die Ämter. In Buch mache ich auch einen Deutschkurs für Flüchtlinge.

Erschweren die Behörden Ihre Arbeit?

Ich bin Juristin und habe mein ganzes Leben in Bürokratien verbracht, aber was einem da an Material vorgelegt wird, ist unglaublich. Man sollte Sachen schreiben, die der Adressat versteht und das ist hier oft nicht möglich. Einfache Sprache ist etwas, das dringend gebraucht wird. Ich habe in meinen Leben viel organisiert und bin immer wieder überrascht, wie merkwürdig manche Dinge hier in Berlin sind. Ich würde sagen, hier sind Aufgaben auf Leute zugekommen, die immer fortgesetzt wurden, anstatt dass man mal gesagt hat, wo stehen wir eigentlich.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich für Flüchtlinge einzusetzen?

Ich gehöre ja zur ersten Nachkriegsgeneration. Ich wohnte damals in der DDR und habe erlebt, wie zu uns in die Häuser sehr viele Flüchtlinge kamen. Das hat sehr gut geklappt. Ich finde, wir haben heute genug Veranlassung, um uns um Flüchtlinge zu kümmern. Aber es ist nicht einfach. Vor allen Dingen bringen einen die bürokratischen Hindernisse zum Verzweifeln. Aber andererseits ist es auch immer wieder ein Antrieb, morgens aufzustehen und zu sagen, ich muss jetzt was tun. Manchmal wird es schon etwas viel, aber wieso sollte ich zu Hause sitzen und Romane lesen? Das kann man auch machen, aber es muss auch etwas Substanz da sein. Und es ist auch eine gewisse Verpflichtung den Leuten gegenüber, die nicht die gleichen Chancen haben.

Hat sich Ihre Arbeit in der letzten Zeit verändert?

Sie ist viel intensiver geworden, weil mehr zu tun ist. Es gibt aber auch mehr Unterstützung gekommen und es ist selbstverständlicher geworden, dass sich Initiativen gründen und das Leute mit zupacken. Das Schöne an der Arbeit ist, man kriegt immer mehr zurück, als man eigentlich geben kann.

Anna Graefe

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