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Berlin: Flugmeilen-Affäre: Milde für Gysi, Schelte für Momper Parlamentspräsident in der Kritik, weil er den PDS-Mann verteidigte

Die Flugmeilen-Affäre macht auch den Berliner Parteien zu schaffen, denn sie kommt im Wahlkampf ungelegen. CDU, SPD, PDS, FDP und Grüne wollen aber ihre Bundestagsabgeordneten keiner hochnotpeinlichen Befragung unterziehen.

Die Flugmeilen-Affäre macht auch den Berliner Parteien zu schaffen, denn sie kommt im Wahlkampf ungelegen. CDU, SPD, PDS, FDP und Grüne wollen aber ihre Bundestagsabgeordneten keiner hochnotpeinlichen Befragung unterziehen. Jeder müsse selbst wissen, was er zu tun hat, hieß es gestern übereinstimmend. Dagegen nutzt die Opposition im Abgeordnetenhaus die Gelegenheit zu erneuten Vorwürfen gegen Parlamentspräsident Walter Momper (SPD), weil er den Senator und früheren Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi (PDS) in Schutz genommen hat.

CDU-Fraktionsgeschäftsführer Frank Henkel forderte den Rücktritt Mompers, der seine Funktion zum wiederholten Male parteipolitisch missbraucht habe. FDP-Fraktionschef Martin Lindner kündigte ein parlamentarisches Nachspiel nach der Sommerpause an. Entweder der Präsident verhalte sich endlich „neutral“, oder er solle abtreten. Gysi hat nach eigener Darstellung als Bundestagsabgeordneter dienstlich erworbene Bonusmeilen für fünf Privatflüge für sich und seine Familie genutzt, was nach den Bundestagsregeln nicht sein darf. Momper kommentierte den Fehler als „lächerlich im Verhältnis zu anderen politischen Fehlern“. Er habe keinen Anlass zum Rücktritt, sagte Momper. Ungeachtet der unparteiischen Führung seiner Geschäfte als Präsident will er „auch weiterhin von meinen normalen Abgeordnetenrechten Gebrauch machen“.

Auch die Opposition bewertet Gysis Verfehlung milde. Von Rücktrittsforderungen an Senator Gysi ist nicht die Rede. Selbst CDU-Fraktionschef Frank Steffel will nicht „mit Kanonen auf Spatzen schießen“. Dagegen steht Momper auch bei Grünen und FDP in der Schusslinie. Lindner sprach von einem Husarenstück Mompers: „Ohne Not stärkt er Gysi den Rücken und fällt damit dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse in den Rücken. Die Fraktionschefs können sich erlauben, parteilich aufzutreten, aber nicht der Präsident.“ Die Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz findet ebenfalls: „Mompers Verfehlungen häufen sich.“ Es sei nicht die Aufgabe des Parlamentspräsidenten, sich zur Flugmeilenaffäre von Gysi zu äußern. Sie halte das Verhalten Mompers für „instinktlos“.

Gysi hatte als Wiedergutmachung angekündigt, den geldwerten Vorteil der privat verflogenen dienstlichen Bonusmeilen an „amnesty international“ zu spenden. Momper sagte dazu am Mittwoch, ratsamer wäre es, diesen Betrag an den Bundeshaushalt abzuführen, dem eine Einsparung entging. Außerdem könne man Spenden von der Steuer absetzen. In der PDS herrscht Verärgerung über Gysi. Auch die Rückführung an die Bundeskasse und die Steuerfrage werden geprüft, hieß es.

Inzwischen verwahrt sich Günter Nooke (CDU) gegen Angriffe, er habe mit Bonusmeilen geschummelt: „Ich fühle mich da in völlig falscher Gesellschaft.“ Sein bisher einziger Bonusflug nach Frankfurt habe im Zusammenhang mit Terminen als Bundestagsabgeordneter gestanden. Dieser Flug sei zwar „nicht nur dienstlich“ gewesen, aber deshalb „noch lange nicht privat“. Nooke war wegen der Kombination mit einem Privatbesuch etwas früher geflogen. „Ich habe den Fehler gemacht, dass ich den komplizierten Vorgang überhaupt erläutert habe“, sagte er dem Tagesspiegel.

Einige andere der 25 Berliner Bundestagsabgeordneten haben erklärt, dass sie keine dienstlich erworbenen Bonusmeilen für private Flüge genutzt haben. Das sind Siegfried Scheffler (SPD), Siegfried Helias, Edeltraut Töpfer und Dankward Buwitt (CDU), Franziska Eichstädt-Bohlig und Hans-Christian Ströbele (Grüne) sowie Günter Rexrodt (FDP). Die anderen seien wohl in Urlaub, hieß es bei den Parteien. Man habe keinen Anlass, ihnen etwas zu unterstellen und sie zu befragen. Klärung erwarte man von den Bundestagsfraktionen. Brigitte Grunert

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