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Berlin: Fontanes peinliche Familienbande

Warum der Dichter die Beeskower Herkunft seiner Frau Emilie verschwieg

„Beeskow ist nicht so schlimm, als es klingt.“ Diesen Satz hatte der Dichter Theodor Fontane im Mai 1862 in sein Tagebuch geschrieben. Es klingt überraschend, war Fontane doch bei seinen Wanderungen durch die Mark stets unvoreingenommen unterwegs gewesen. Aber zu Beeskow hatte Fontane eine recht schwierige familiäre Beziehung.

Seine Frau Emilie stammte aus einer hier ansässigen Familie. Doch wie Zeitzeugen berichteten, versuchte der angesehene Schriftsteller die Herkunft seiner Frau zu vertuschen. Emilie war als uneheliche Tochter einer Predigerwitwe und des im Ort ansässigen Garnisonsarztes zur Welt gekommen und als Dreijährige zur Adoption ausgeschrieben worden. Das galt damals als höchst ehrenrührig. Fontane verleugnete deshalb seine Schwiegermutter – und der name Beeskow schien ihn immer wieder daran zu erinnern. Gewiss fehlen deshalb in seinen Werken ausführliche Texte über den Großvater seiner Ehefrau, Jean Pierre Barthelemy Rouanet. In anderen Orten hätte sich Fontane mit einer derart prägenden Gestalt intensiv auseinander gesetzt. Im heutigen Beeskow allerdings ist der 1837 verstorbene Franzose nicht vergessen. Das Gymnasium trägt seinen Namen, Schüler pflegen sein Grab in der Nähe des Luckauer Tores.

Rouanet stammte aus einer reichen Familie in Toulouse und kam auf der Flucht vor Soldatenwerbern unter abenteuerlichen Umständen nach Preußen. Dort machte er flott Karriere und stieg zum Stadtkämmerer in Beeskow auf. Während der napoleonischen Besatzung zwischen 1806 und 1813 erwarb er sich das Vertrauen der französischen Offiziere und setzte Erleichterungen für die Einwohner durch. Sogar eine Schlacht zwischen Franzosen und preußischen Rekruten konnte er verhindern.

Rouanet ging mit 69 Jahren in den Ruhestand, doch er ließ sich seine Bezüge bis zum Lebensende sichern. In Beeskow machte bald ein Gerücht die Runde: Die Familie stellte angeblich nur eine Attrappe als Lebenszeichen des Hausherren ins Fenster, um die Pension zu kassieren. Tatsächlich starb er erst im hohen Alter von 90 Jahren.

Seine Tochter Therese heiratete einen Pfarrer, der früh starb. Danach folgte die Affäre mit dem Garnisonsarzt, aus der Fontanes Frau hervorging. stey.

Rouanets Lebenserinnerungen „Von Toulouse bis Beeskow“ sind im Buchhandel erhältlich (Aufbau Taschenbuch Verlag, ISBN: 3-7466-1465-1).

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