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FÜNF  MINUTEN  STADT: Enkelkollektiv

Ein Supermarkt in Prenzlauer Berg, Feierabendzeit. Ganz vorn in der Schlange am Pfandautomaten stehen Enkel 1 und Enkel 2 mit ihrer Oma.

Ein Supermarkt in Prenzlauer Berg, Feierabendzeit. Ganz vorn in der Schlange am Pfandautomaten stehen Enkel 1 und Enkel 2 mit ihrer Oma. Enkel 1, vielleicht fünf Jahre alt, ist an der Reihe. Hopp, hinauf geht es auf Omas Arm, schon ist die Eingabeöffnung in Reichweite. Flasche um Flasche verschwindet im roten Kasten, langsam nur, aber es geht voran. Auch Enkel 2, vielleicht drei Jahre alt, wird altersgerecht beschäftigt. Er holt die leeren Flaschen aus der Tüte, die groß ist, zu groß eigentlich für seine kurzen Ärmchen. Flasche raus aus der Tüte, hoch zu Omi, rüber zu Enkel 1, rein in den Automaten, ein seliges, fröhliches Fließbandkollektiv. Die drei Erwachsenen in der Schlange dahinter warten. Und da ist die Tüte ja auch schon leer, runter geht’s für Enkel 1 – doch was ist das? Nun darf Enkel 2 auf den Arm? Ach, da stehen ja zwei weitere Tüten, fast hätte man sie übersehen. Schon nach kurzer Einarbeitungszeit kann es weitergehen, Enkel 1 sammelt in aller Ruhe die Flaschen auf und reicht sie seinem Bruder, Enkel 2 tut sein Bestes beim Anvisieren der Öffnung. Strahlende Kinder, eine lächelnde Omi, zwei Tüten, die sich sehr langsam leeren. Inzwischen warten vier Erwachsene. Das Fließband läuft, selbst- und weltvergessen. Was sind schon diese paar Minuten? Für die Wartenden in jedem Fall Zeit, sich Fragen zu stellen: Würde man mit den eigenen Enkeln genauso da stehen, voller Stolz, mit einem warmen Gefühl in der Brust? Oder doch lieber Rücksicht nehmen? Karin Christmann

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