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Berlin: Für alle Kinder: Sprachtest schon vor der Einschulung 25 000 Prüfungen nach den Weihnachtsferien

Lehrer rechnen mit Unterrichtsausfall

Wie gut sind die Deutschkenntnisse zukünftiger Erstklässler? Das lässt Berlin nun erstmals testen. Rund 25 000 Kinder sollen sich nach den Weihnachtsferien am „Bärenstark“-Test beteiligen. Damit soll – auch unter dem Eindruck des Pisa- Schocks – geklärt werden, wie viele Kinder Förderung in Deutsch brauchen. Im vergangenen Schuljahr wurden nur in Bezirken mit hohem Ausländeranteil grundlegende Deutschkenntnisse geprüft – mit katastrophalen Ergebnissen. Nun wird sich zeigen, ob es bei Kindern aus bürgerlicheren Bezirken ähnliche Probleme gibt. Für die Schulen bedeutet der Test Mehrarbeit. Weil Personal abgestellt werden muss, rechnen die Schulleiter mit Unterrichtsausfällen.

In vielen Schulen erklärt sich ein bestimmter Lehrer bereit, sich um „Bärenstark“ zu kümmern – zusätzlich zum normalen Unterricht. Selbst wenn dann für die eigentlichen Tests Kollegen herangezogen werden, fällt bisweilen Unterricht aus, sind viele Lehrer überzeugt. Denn die Vorschul- und Kindergartenkinder können oft nur vormittags überprüft werden, wenn die Lehrer eigentlich in ihren Klassen stehen müssten. Organisationsbesprechungen finden während der Unterrichtszeit statt. Die Daten für die Auswertung werden nicht immer in den Freistunden zusammengetragen.

Das ist nicht im Sinne des Erfinders: Thomas John, Sprecher von Bildungssenator Klaus Böger, bestreitet, dass für „Bärenstark“ Unterricht ausfallen muss. Mindestens 30 000 Stunden Mehrarbeit kommen auf die Lehrer und Erzieher für das Testen und Auswerten zu. Das könne aber innerhalb der Kollegien ausgeglichen werden, die über den eigentlichen Bedarf hinaus ausgestattet seien. Falls der Klassenlehrer für „Bärenstark“ testen muss, kann statt Mathe auch eine Vertretungsstunde gegeben werden. Ob da dann auch gerechnet wird, ist eher unwahrscheinlich.

Der Personal-Engpass könnte sich weiter verschärfen. Denn auch der flächendeckende Test ist nur eine Vorstufe. In Zukunft, so John, sollten die Kinder auch zwei Jahre vor und nochmals im zweiten oder dritten Schuljahr überprüft werden – nur so lässt sich klären, ob zusätzliche Deutschstunden die erwünschten Erfolge bringen und ob in den Kindergärten und Tagesstätten jene Sprachförderung tatsächlich betrieben wird, die Böger vom Personal eingefordert hat.

Inwieweit Pädagogen die Erkenntnisse aus den vergangenen „Bärenstark“-Tests überhaupt nutzen, lässt sich nur schwer überprüfen. Dass dringend etwas passieren muss, wurde bereits bei der ersten Erhebung vor drei Jahren in Wedding deutlich und hat sich vor einem Jahr bestätigt. Nur ein Drittel der 10 000 damals überprüften Kinder waren sprachlich so weit, wie man es von einem Schulanfänger erwarten kann. Fast zwei Drittel brauchten Hilfe, für mehr als 30 Prozent wurde „intensiver Förderbedarf“ – also viele Extra-Deutschstunden – festgestellt. Besondere Probleme zeigten sich bei Ausländerkindern. Nur eines von zehn erfüllt die Anforderungen. Doch auch deutsche Kinder sprechen ihre Muttersprache häufig zu schlecht. Im Test konnten sie beispielsweise nicht korrekt benennen, ob ein Teddybär auf dem oder unter dem Bett liegt.

Jörg-Peter Rau

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