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Berlin: Für Jobs in Scheinfirma abkassiert

Haft für vermeintlichen Arbeitsvermittler

Der Mann brachte Hoffnung. Er mietete luxuriöse Veranstaltungsräume in Fünf-Sterne-Hotels, warb für Arbeit auf dem Gebiet der Marktanalyse und vergab Jobs per Handschlag. Mehr als 500 Arbeitsuchende freuten sich über einen Vertrag, in dem ein Lohn von jeweils 1700 Euro brutto festgeschrieben war. Doch unter dem Strich verdiente nur einer: Der Mann, der als „Dr. jur. Wolfgang Emanuel Stahl“ im Hintergrund die Fäden zog. Das letzte Kapitel seines Schwindels als falscher Jobvermittler erlebte Silvio K. gestern vor Gericht.

Der 39-jährige Angeklagte hatte „Dr. Stahl“ ebenso erfunden wie die Firma, die angeblich dringend Mitarbeiter suchte. Er betrog die Bundesagentur für Arbeit um etwa 160 000 Euro, prellte Jobsuchende aus Berlin und den neuen Bundesländern um ihren Lohn und zahlte keine Beiträge zur Sozialversicherung. Insgesamt soll Silvio K. im Jahr 2004 innerhalb von etwa drei Monaten einen Schaden von rund einer Million Euro verursacht haben.

Der Angeklagte hatte es als damaliger Inhaber einer in Erfurt ansässigen privaten Arbeitsagentur auf Provisionen abgesehen. Hintergrund sind so genannte Vermittlungsgutscheine, die die Bundesagentur Arbeitslosen gibt, die sie nicht selbst vermitteln kann. Diese Gutscheine im Wert von je 2000 Euro sind für die erfolgreiche Vermittlung durch private Institute gedacht. Damals zahlte die Bundesagentur 1000 Euro sofort nach Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages aus. Die andere Hälfte wäre nach sechs Monaten überwiesen worden.

„Ich bin auf die Idee gekommen, dass das Ganze von den kontrollierenden Stellen gar nicht überschaubar ist“, räumte der Mann im Prozess ein. „Es war ganz offensichtlich, was man tun muss, um schnell und einfach an Geld zu kommen.“ Er habe zum Schein eine Firma gegründet, die von außen betrachtet tatsächlich viele Arbeitskräfte brauchen könnte. Dann sei er auf Werbetour gegangen.

In Berlin, Halle, Schwerin oder Leipzig tauchte Silvio K. in Schlips und Kragen auf. Die Räume, die er anmietete, waren repräsentativ. Der redegewandte Mann verteilte auf einen Schlag 40 bis 60 Jobs an Suchende mit und ohne Gutschein. Die Kopierer liefen bei ihm auf Hochtouren. Er stellte zwei Sekretärinnen ein, um den „Papierkram“ mit der Bundesagentur zu bewältigen. „Die Kosten waren enorm.“ Als die Damen in seinem Berliner Büro „unruhig“ wurden, weil „Dr. Stahl“ nie auftauchte, ließ er ihn in Gestalt eines Bekannten für einen zehnminütigen Besuch wahrhaftig werden.

Silvio K. sagte, er sei zunächst „recht erfolgreich“ tätig gewesen als Unternehmer. „Aber ich war nie zufrieden mit dem, was ich hatte, wollte mehr, machte Fehler.“ Und Schulden. Da kam er auf die Idee, die Schwäche der damaligen gesetzlichen Regelung auszunutzen. Diese ist seit Januar 2005 behoben: Die erste Rate wird erst überwiesen, wenn der vermittelte Arbeitslose sechs Wochen beschäftigt ist. Gegen den Betrüger Silvio K. erging eine Gefängnisstrafe von viereinhalb Jahren. K. G.

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