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Lorenz Maroldt Onlineformate

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Krachs Abschied aus Hannover und ein Heiratsantrag im All: Der Checkpoint-Newsletter am Morgen

Für Berlinkenner und alle, die es werden wollen: der Überblick am Morgen, inklusive Graffiti auf der neuen A100 und der verlorenen Brille von Mahatma Gandhi.

Stand:

Guten Morgen,

um 8 Uhr wurde offiziell beschlossen, was der Checkpoint bereits am Montag exklusiv gemeldet hatte: Der Landesvorstand der Berliner SPD nominiert Steffen Krach als Kandidat zur Wahl 2026 für den Posten des Regierenden Bürgermeisters.

Nachdem der Plan vorzeitig bekannt wurde, mussten schnell noch einige Gespräche geführt werden, um alle Amts-, Funktions-, Würden- und zwischenzeitliche Hoffnungsträger „abzuholen“ und auch diejenigen einzubinden, die jemand anderen favorisierten (z. B. sich selbst). Doch jetzt singen erstmal alle mit, manche freudig erregt, andere durch die zusammengebissenen Zähne: „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘ …“.

Schauen wir mal schnell, was die in Niedersachsen von Krach Zurückgelassenen dazu sagen, dass es ihren Regionspräsidenten zurück in Hauptstadt zieht.

+ DieHannoversche Allgemeine schreibt: „In Hannover hat Krach gezeigt, dass er innerhalb kürzester Zeit enge Bündnisse in der Stadtgesellschaft schließen kann. Er war stets präsent, immer im Mittelpunkt. Er zeigte Gestaltungswillen, brachte Tatendrang und Pragmatismus in die Politik. Mit ihm verliert die Region aber auch einen, von dem manche sagen, er könne schnelle Erfolge besser als die Langstrecke, manche Entscheidungen galten als eitel, andere als einsam.“

+ Der Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic, Chef der SPD-Hannover, sagt zum Wechsel: „Steffen Krach ist unser bester Mann. Als Regionspräsident hat er seine Wahlversprechen eingelöst. Wenn Krach für seine Arbeit auch überregional geschätzt wird, wäre das eine große Ehre – für ihn und auch für uns als SPD.“

Hier einige weitere Stimmen aus der Hannoveraner SPD, die sich nicht namentlich zitieren lassen wollten (Quelle: HAZ):

+ „Das ist das Allerletzte“, sagt einer, der für die SPD Wahlplakate aufgehängt und Flyer verteilt hat.

+ „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt ein namhafter Sozialdemokrat. Für Berlin sei der Wechsel Krachs ein Gewinn, für Hannover ein Verlust. „Krach hat sich in der Regionsverwaltung weniger um Zuständigkeiten geschert, sondern die Dinge einfach angepackt“.

+ „Ich bin überrascht und ein bisschen geschockt“, sagt ein SPD-Mitglied aus der Regionsversammlung.

+ „Ein politisches Gewicht und eine Integrationsfigur für die SPD würde fehlen“, sagt ein anderer Parteifreund von Krach, der sich „erschüttert“ zeigt. Krach gehöre zu den wenigen Persönlichkeiten, die über echte Netzwerke verfügten, die Vertrauen genössen und das Potenzial hätten, die SPD zusammenzuhalten.

Wegner eröffnet Verlängerung der A100

Krachs künftiger Konkurrent Kai Wegner gibt sich unterdessen gelassen – und eröffnet heute Vormittag erstmal gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder die Verlängerung der A100. Und da war schon in der Nacht zu Dienstag einiges los.

Leere Fahrbahn auf der Autobahn 100. Der neue Abschnitt soll am Mittwoch freigegeben werden.

© dpa/Britta Pedersen

Mehr zum neuen Autobahnabschnitt:

+ 32 Jahre, 3,2 Kilometer: die Chronik der teuersten Autobahn Deutschlands.

+ Was unsere Leserinnen und Leser zur Verlängerung der A100 sagen.

+ Und jetzt noch die Verlängerung bis nach Friedrichshain? Ein Pro & Contra unserer Kollegen Christoph Kluge und Robert Kiesel.

Schaffen wir das?

Wir schaffen das“, habe ich vor zehn Jahren, am 30. August 2015, als Fazit unter einen Leitartikel im Tagesspiegel zur Flüchtlingssituation geschrieben – einen Tag bevor Angela Merkel denselben Satz in der Bundespressekonferenz sagte. Gestern in der Redaktionskonferenz wurde daran erinnert, durchaus kritisch. Allerdings hatte ich auch geschrieben, was noch alles zu tun sei, um „es“ zu schaffen, unter anderem:

Das beginnt bei der Bildung für Flüchtlingskinder, die nicht ausreichend gewährleistet ist und sogar infrage gestellt wird, und das endet nicht beim Versäumnis, bei der Erstaufnahme auch nur zu fragen, was einer gelernt hat und leisten kann.“ Daran hat sich, zehn Jahre danach, leider kaum etwas geändert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt sich am 2015 in Berlin-Spandau für ein Selfie zusammen mit einem Flüchtling fotografieren.

© picture alliance / dpa/Bernd von Jutrczenka

Unsere Kollegin Susanne Vieth-Entus ist der Frage nachgegangen, wie es heute in Sachen Integration an den Berliner Schulen aussieht – und hat alarmierende Zustände vorgefunden. So bietet beispielsweise Berlin noch immer kein Lehramt „Deutsch als Zweitsprache“ an – obwohl in Berlin inzwischen jeder zweite Erstklässler zu Hause kein Deutsch spricht. Ihr Fazit: „Ein irres Versäumnis.“ Die ganze Analyse können Sie hier unter diesem Link lesen. Fest steht für mich nach der Lektüre jedenfalls: So schaffen wir das nicht.

Makler wirbt mit den Gebrechen älterer Mieterin um Käufer

„Echte Gelegenheit für Kapitalanleger mit Weitblick“, heißt es in einer Berliner Immobilienanzeige, die einer Checkpoint-Leserin aufgefallen ist – angepriesen wird die 50 Quadratmeter große Wohnung mit dem mehrfachen Hinweis darauf, dass sie „aktuell an eine ältere Einzelmieterin mit Schwerbehinderung und gesundheitlicher Vorgeschichte“ vermietet ist. Mit anderen Worten: Da können Sie sicher bald selbst rein! Wibke Werner vom Berliner Mieterverein hat dazu eine klare Meinung:

Es ist abscheulich, dass einige von Profitgier gelenkte Makler nicht mehr vor solchen unlauteren Methoden zurückschrecken.“

An dieser Stelle ein Hinweis an potenzielle Käufer: Schauen Sie sich die Geschichte von Jeanne Calment an. 1965 hatte die damals bereits 90 Jahre alte Dame mit einem jungen Notar, der ihre Wohnung kaufen wollte, eine Vereinbarung getroffen: Er zahlt ihr eine stattliche monatliche Rente und kann dafür nach Ihrem Tod mit seiner Familie als Eigentümer einziehen. Jeanne Calment wurde 122 Jahre alt und überlebte den Notar um zwei Jahre.


TELEGRAMM

Der bronzene Mahatma Gandhi sieht seinen Ausstellungsraum im Mauermuseum derzeit nur verschwommen – irgendjemand hat seine 23 Zentimeter breite Brille gestohlen. Analyse unseres Checkpoint-Profilers: Verdächtig sind vor allem kurzsichtige Dickköpfe. Wenn Sie einen solchen kennen oder sehen, informieren Sie bitte die Polizei oder melden Sie sich unter checkpoint@tagesspiegel.de. Als Belohnung für die Wiederbeschaffung winkt Ihnen der Weltfrieden.

Betriebsstörungsbingo: Checkpoint-Leserin Anja Klamann schickte uns gestern von der Tram-Haltstelle aus die offizielle Verspätungserklärung „verzögerte Geschwindigkeit“. Immerhin – das klingt einigermaßen logisch, geradezu selbstverständlich.

Gegendarstellung: Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf behauptet laut Drucksache 19/ 23 444, die Bearbeitungsdauer von Anträgen für Bewohnerparkausweise betrage hier „fünf bis sieben Tage“ (CP von gestern). Hierzu stellen wir fest: Unsere Leserin Margit Staeck hat ihren Ausweis am 17.8. abends online beantragt, am 19.8. wurde die Sache bearbeitet und am 20.8. fand sie die Vignette bei sich im Briefkasten. Laut Berechnungen nach der Methode „Mathe mit dem Checkpoint“ lag die Bearbeitungszeit demnach bei nur drei Tagen. Gez.: Die Checkpoint-Redaktion.

Nicht drei Tage, sondern satte drei Monate wartete dagegen unser Leser Wolfgang Labuhn in Pankow auf seinen Bewohnerparkausweis – das Bezirksamt hatte in der o.g. Drucksache als „Ziel eine Bearbeitungszeit von 2 bis 4 Wochen“ genannt. Bezugnehmend auf die Checkpoint-Meldung über die vielen Krankmeldungen im Öffentlichen Dienst fragt der Langzeitwartende: „Könnte die offenbar sehr zarte Gesundheit der Berliner Verwaltungsmenschen der Grund dafür sein?“

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84 Anfragen aus der BVV lagen im Bezirksamt Neukölln Stand gestern unbearbeitet auf Halde – die ältesten sind inzwischen fast ein Jahr alt, obwohl gesetzlich eine Frist von maximal fünf Wochen vorgesehen ist.

Dem Checkpoint teilte das BA mit, das liege 1) an „Anfragen mit hohem Koordinierungsaufwand“, 2) an „personellen Engpässen“ und 3) an der „sehr hohen Anzahl von Anfragen“. Wir haben uns das mal genauer angeschaut und stellen fest: 1) Anfragen wie z.B. die nach der Höhe des Müllaufkommens dürften auch ohne hohen Koordinierungsaufwand zu beantworten sein, zumal der Bezirk mit dem Slogan „Null Müll Neukölln“ für sich wirbt. 2) Über personelle Engpässe klagen auch andere Bezirksämter, und 3) bekommen die z.T. deutliche mehr Anfragen. Was darüber hinaus auffällt: Zweidrittel der Anfragen, die seit länger als drei Monaten nicht beantwortet wurden, kamen von der AfD.

Schallgeschwindigkeits-Liebe: Das Bezirksamt Mitte wirbt für eine „Großinstallation“ auf dem Rathausvorplatz Wedding – Besucher können dort angeblich heiraten („Wedding“, haha) und sich gleich wieder scheiden lassen. Ziel der Aktion ist es, „das Verhältnis zwischen Liebe und Verwaltung” zu untersuchen. Wir lösen schon mal – das läuft auf „belastete Zweckbeziehung“ hinaus. (Weitere Infos gibt‘s hier).

Für alle, die es etwas ernster meinen: Mit Hilfe der Pariser Agentur „Apoteo Sunrise“ können Sie Ihrer oder Ihrem Liebsten jetzt einen Heiratsantrag im Weltall machen – inklusive Menü eines französischen Sternekochs kostet der Flug in einer Raumkapsel allerdings 750.000 Euro. Vorteil: Falls die Sache schief geht, können Sie Ihr Gegenüber bestimmt gegen einen kleinen Aufpreis gleich zum Mond schießen – ist ja dann nicht mehr weit.

221 Fahrräder im Wert von 262.878 Euro wurden vergangene Woche als gestohlen gemeldet (Vorwoche: 177). Die meisten Diebstähle gab es in der Bremer Straße (Moabit), im Helmholtzkiez (Prenzlauer Berg) und am Oranienplatz (Kreuzberg). Höchster Diebstahlwert: 7688 Euro. In diesem Jahr verschwanden bereits 11.650 Räder im Wert von 14.639.704 Euro. Das geht aus einer Checkpoint-Auswertung von Daten der Berliner Polizei hervor. Der nächste Klau-Counter erscheint kommenden Dienstag. Auf unserer Fahrraddiebstahl-Karte sehen Sie, wie die Lage in Ihrem Kiez ist.

Mehr Geld, mehr Leute – so lautet die derzeitige Erfolgsformel der BVG: Seit der Tariferhöhung ist die Zahl der Bewerbungen um 27% gestiegen (bezogen auf den Fahrdienst, Q: Drs. 19/23424, MdA Kristian Ronneburg). Gut für uns Kunden: Da können die kaputten Züge wenigstens schneller geschoben werden.

Der Checkpoint gratuliert der „Großen Flatter-Ulme“ im Treptower Park – das 250 Jahre alte Gehölz Baum wird als Nationalerbe in den Kreis der „herausragenden Baumindividuen“ aufgenommen. Auf die nächsten 250!

Bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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