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Berlin: Gazetaler Rückblick: Kaplan-Verbot: "Deutschland lügt"

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.Innenminister Otto Schily sagte am vergangenen Mittwoch, Muslime hätten die Verpflichtung, aktiv daran mitzuwirken, dass islamistische Gruppen zurückgedrängt werden.

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Innenminister Otto Schily sagte am vergangenen Mittwoch, Muslime hätten die Verpflichtung, aktiv daran mitzuwirken, dass islamistische Gruppen zurückgedrängt werden. Zuvor hatte er den "Kalifatstaat" verboten. Einige türkische Journalisten werden sicherlich irritiert von dieser Aufforderung sein. Allen voran hat schon lange die Hürriyet die Islamisten in Deutschland im Visier. "Hört, hört! Deutschland hat die Scharia-Organisation des (bei Türken) als schwarze Stimme bekannten Cemalettin Kaplan im eigenen Land verboten", schrieb der Hürriyet-Kolumnist, Emin Çölasan, am Donnerstag. Seine Ironie machte die Verbitterung dieser türkischen Tageszeitung deutlich: "Ich glaube Deutschland nicht. Deutschland lügt. In Deutschland wird ganz offen türken- und türkeifeindliche Politik betrieben und der deutsche Staat steht dahinter. Wenn ihr ein Beispiel wollt: Angeblich wurde in Deutschland auch die PKK verboten." Aber in Wirklichkeit könne sie völlig frei agieren, warf er Deutschland vor. "Herrlich, Euer Verbot! Nicht, dass es so aufgeht wie das PKK-Verbot!"

Die meisten Zeitungen hatten das Thema auf der Titelseite. Die Hürriyet feierte das Verbot mit der Schlagzeile: "Deutschland ist Tabu für die Kaplans." Und: "Sie haben die Kaplans zerschlagen." Am Freitag hörte der Leser mitten im Ramadan die Sektkorken knallen: "Danke schön, Deutschland", stand in großen Buchstaben auf Deutsch auf der Titelseite. An diesem Tag vermeldete das Blatt auch, dass der türkische Innenminister am Dienstag nach Berlin kommt, um die Auslieferung von Metin Kaplan von Innenminster Otto Schily zu verlangen.

Die Tageszeitung Milliyet drehte die Geschichte am Freitag auf ihrer Titelseite weiter: "Die Augen sind auf Milli Görüs gerichtet", hieß es zu einem Bild des Vorsitzenden der vom Verfassungschutz beobachteten Vereinigung, Mehmet Erbakan. In einem Kästchen rechts neben dem Text machte die Zeitung ein Zitat der Bild-Zeitung zur Überschrift: "Sofort ausweisen."

Suzan Gülfirat

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