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Berlin: Gedanken und Gedenken

Erinnerung an Reichspogromnacht und Mauerfall

Richtig ruhig wird es erst, als Isaak Behar spricht. Er hat 1942 miterlebt, wie seine Eltern und Geschwister abgeholt wurden. Die Nazis haben sie vom Gleis 17 des Güterbahnhofs Grunewald nach Riga deportiert und dort ermordet. 64 Jahre später steht er wieder am Gleis 17 und trägt das jüdische Totengebet „Kaddisch“ vor. Es ist der Schlusspunkt eines Schweigemarschs zur Gedenkstätte am S-Bahnhof Grunewald, der von Charlottenburger Schülern anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 organisiert wurde. Mehr als 50 000 Menschen wurden von Gleis 17 in Konzentrationslager gebracht.

Bereits zum 21. Mal veranstalteten Berliner Schüler diesen Gedenkmarsch. Traditionell beteiligten sich auch diesmal wieder Schüler der Landespolizeischule. „Tote sind erst dann wirklich tot, wenn man sie vergessen hat, und gegen dieses Vergessen gehen wir an“, sagte Jacqueline Dürre, Schülerin des Gottfried-Keller-Gymnasiums vor den rund 500 Teilnehmern. Eine Schülerin der Hugo-Gaudig-Realschule trug das jüdische Trauerlied „El Male Rachamim“ (barmherziger Gott) auf deutsch vor, Kantor Simon Zkorenblut sang es anschließend auf hebräisch. Zahlreiche Mitglieder der Jüdischen Gemeinde und Vertreter aus der Politik beteiligten sich an dem Marsch, darunter Bildungsstaatssekretär Thomas Härtel. Auch der türkische Generalkonsul Ahmed Nazif Alpman lief mit. Der Berliner Polizeipräsident Dieter Glietsch ging in seinem Grußwort auch auf die neue Studie zum wieder aufkeimenden Rechtsextremismus in Deutschland ein. „Das kann man nicht dulden“, sagte Glietsch.

Bereits im Laufe des Tages gab es in ganz Berlin zahlreiche Gedenkveranstaltungen zum 9. November – wenn auch aus unterschiedlichen Jahren: Gemeinsam mit Pfarrer Manfred Fischer gedachte die Berliner Politprominenz von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) über CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger und seiner Grünen-Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig bis zum Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke, des Mauerfalls. Außerdem trafen sich die Bürgermeister von Pankow und Mitte am ehemaligen Grenzübergang an der Bornholmer Straße. Die Jüdische Gemeinde lud in ihr Haus an der Fasanenstraße, um an die Reichspogromnacht zu erinnern. ctr

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