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Berlin: Gefühlter Frühling

Dem Kalender nach müssen wir noch bis Freitag warten. Oder ist der Lenz schon da? Meteorologen sind skeptisch

Von David Ensikat

Erbitterte Kampfszenen um die Sonnenplätze der Straßencafés, Gesichter, in die Sonne gereckt oder hinter Sonnenbrillen versteckt, die Frage: Setz’ ich mich mit auf die Parkbank, auf der die Schöne sitzt und mich für einen störenden Stiesel hält, oder auf jene mit dem Herrn, der mir gleich sein Leben erzählen wird? Wiesen, die noch lange nicht grün, aber schon ganz bunt sind, weil sich sonnenanbadende Optimisten die Blase verkühlen. Touristen aus Südländern, die sich fragen, ob durch die Adern der einheimischen Nordländler nicht doch das heißere Blut fließt, da sie bei nur zwölf Grad Celsius die Jacken abstreifen und die Ärmel hochkrempeln.

Der Frühling ist da – oder sollte man sagen: Der Frühling war schon mal da? Thomas Globig, der Mann von Meteomedia, dem Wetterdienst, sagt: „Ich sag’ immer: Ball flachhalten.“ Denn dass es gestern, ausgerechnet am Sonntag, so schön war, liege ja nur an Lilianas Keil. Liliana, das Hochdruckgebiet, liege über der Nordsee, weit weg von der Stadt, und ihr Keil sei ein unbeständiger, so Herr Globig. Die nun folgende Woche werde längst nicht mehr so frühlingshaft, sieben bis acht Grad, viel mehr wird’s nicht mehr. Paar Wolken gibt es auch und Nebel, und alles liegt daran, dass Liliana im Nordwesten liegt. „Ideal für den richtig warmen Frühling wäre ein Hoch über der Slowakei und Ungarn. Das bliese warmen Wind aus Südost.“ Mit Liliana wird das nichts. Die kann nur kalt.

Aber bleiben wir bescheiden, seien wir froh: Nach den Erkenntnissen des Herrn Globig bedeutete ein nun dauerhafter Wärmesegen nichts Gutes für den Sommer. „Jeder warme Tag im Frühjahr zehrt an den Kräften des Sommers, sag’ ich immer.“

Es soll ja nicht werden wie vor drei Jahren, als es im April 30 Grad waren und im Sommer keinen Sommer gab. Herr Globig sagt: „Dann beschweren sie sich wieder. Und ich sag’ Ihnen: Das sind dann dieselben Kandidaten, die jetzt nicht genug Sonne kriegen können.“

Nein, nein, so sind wir nicht. Wir bleiben auf dem Teppich, sind zufrieden, wenn in der Arbeitswoche kein Sonntagswetter herrscht, wenn der Frühling dem Sommer nicht die Show stiehlt. Da kann es sein, dass es auch noch mal fröstelt in der Nacht. Im vergangenen Jahr (in dem es am 2. Februar schon mal 17 Grad warm war und am 18. März 19) mussten die Kohleheizer Ende März noch einmal richtig ran. Da wurde es bis minus drei Grad kalt in der Nacht.

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