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Berlin: Geld aus Renten-Kasse unterschlagen

Prozessauftakt gegen einen Ex-Mitarbeiter der BfA, der über Jahre insgesamt 380000 Euro veruntreute

Der Sachbearbeiter fühlte sich sicher. „Bei der Fülle der Gelder merkt keiner was bei der BfA“, versicherte er beim Kartenspiel seinem Freund aus der Nachbarschaft, der sich wie er mit einem Hausbau finanziell übernommen hatte. „Du musst mir nur ein Konto zur Verfügung stellen“, sagte Dieter H., der damals bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) arbeitete. Innerhalb von vier Jahren zweigte der 45-jährige H. insgesamt 380000 Euro für sich und seinen 49-jährigen Freund Siegfried D. ab. Seit gestern müssen sich die beiden Männer vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Natürlich werde er sich äußern, sagte der Spandauer H. zu Beginn des Prozesses. Er, der sich wegen Bestechlichkeit und Untreue verantworten muss, sprach lange und weitschweifig. Über sein Leben als Vater von vier Kindern und drei Stiefkindern. Über Firmen, die bei seinem rund 450000 Euro teuren Hausbau nicht ordentlich arbeiteten. Über seine Ehefrau, die ihn verlassen habe und die auch nicht zu ihm zurückkehrte, als er ihr eine Schönheitsoperation finanziert hatte.

Zu den 24 unberechtigten Auszahlungen auf Konten seines Freundes zwischen Juni 1998 und Herbst 2002 sagte H.: „Die Initiative ging generell von mir aus.“ Sein Nachbar D. habe die Gelder – Beträge zwischen 9500 und 20000 Euro – abgehoben und zwei Drittel der jeweiligen Summe an ihn in bar ausgezahlt. Siegfried D. behielt allerdings nur deshalb den kleineren Anteil für sich, weil sein Freund ihn reingelegt hatte. „Da gibt es noch einen Dritten“, hatte H. seinem Nachbarn vorgegaukelt. Den gab es tatsächlich nicht.

Dieter H. arbeitete seit Mitte der 70er Jahre bei der BfA. „Ich habe eine ziemlich schnelle Karriere gemacht“, sagte er stolz. Seit 1992 war der Sozialversicherungsfachangestellte für die Vergabe so genannter berufsfördernder Leistungen zuständig. Mit dem Hausbau Anfang 1992 sei es „nur noch bergab“ gegangen, sagte H. Wegen seiner „utopisch hohen Schulden“ sei er auf die Idee gekommen, Gelder für sich beiseite zu schaffen. Auch sein Nachbar, Vater von acht Kindern, habe in finanziellen Nöten gesteckt.

Er manipulierte einfach die Anträge von Versicherten. Da er für die Zahlungsanweisung aber die Unterschrift seines Vorgesetzten brauchte, wurde H. zum Fälscher: „Ich habe heimlich den Stempel des Hauptsachbearbeiters genommen und seine Unterschrift nachgemacht“, gestand der den Richtern. Der illegale Geldstrom erst wurde gestoppt, nachdem die BfA einen anonymen Hinweis bekommen hatte. Eine Innenrevision deckte den Schwindel dann auf – obwohl H. viele Akten vorsorglich mit nach Hause genommen hatte.

Nach Angaben von H. floss das Geld vorwiegend ins Haus. Und Lotto spielte er. „Um einen großen Gewinn zu landen und die Summe zurückzahlen zu können.“ Den Richtern präsentierte H. allerdings noch eine unglaubliche Geschichte über einen unbekannt gebliebenen Mitwisser und Erpresser, dem er für sein Schweigen ab April 2000 Geldpäckchen mit Beträgen um 10000 Euro in ein Gebüsch geworfen haben will.

Kerstin Gehrke

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