zum Hauptinhalt

Berlin: Gemeinsam gegen die Gewalt

Was tun gegen Aggressionen? Immer mehr Schulen kooperieren mit der Polizei. Streit in Lichtenrade

Der Angriff auf einen Polizisten während eines Festes am Georg-Büchner-Gymnasium hat tiefe Spuren im Lichtenrader Kiez hinterlassen – und neue Wunden geschlagen. Enttäuscht zeigte sich gestern der Leiter der Theodor-Haubach-Schule, Martin Witt von Krauss, darüber, dass ihn die benachbarte Zeiss- und Büchner- Schule bei einer gemeinsamen Erklärung zu dem Gewaltvorfall außen vor ließen. Es gibt aber auch Lichtblicke: Offenbar wollen sich die Schüler der drei Schulen näherkommen. Zudem planen Lichtenrader Schulen ein Benefizkonzert zugunsten des schwer verletzten Polizisten.

Wie berichtet, war nach dem Überfall die Vermutung geäußert worden, dass zu den Tatbeteiligten Schüler der benachbarten Haubach- und Zeiss-Schule gehört hätten. Angesichts der bevorstehenden Anmeldefristen für die Oberschulen wollte die Zeiss-Schule diesen Verdacht nicht auf sich sitzen lassen. Ihre Leiterin, Angela Knäringer, verfasste deshalb zusammen mit dem Büchner-Gymnasium eine Erklärung, in der es heißt: „In den letzten Tagen erreichten uns Anrufe besorgter Eltern, die um die Sicherheit ihrer Kinder an unseren Schulen fürchten. ... Wir wollen hier klarstellen, dass die verbrecherischen Gewalttäter weder Schüler der Carl-Zeiss-Schule noch der Georg-Büchner-Schule sind.“

Martin Witt von Krauss, der Haubach-Leiter, war fassungslos, als er gestern von dieser Erklärung erfuhr. Denn kurz zuvor noch hatte er mit den beiden Kollegen und Polizeivertretern bei Bildungsstadtrat Dieter Hapel (CDU) gesessen und sich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit geeinigt. „Nun haben wir uns also doch wieder auseinanderdividiert“, bedauert Witt von Krauss: Indem die beiden Kollegen ihn die Erklärung nicht mit haben unterschreiben lassen, ist, sozusagen zwischen den Zeilen, angedeutet, dass Haubach-Schüler an dem Vorfall beteiligt waren. Allerdings ist aus Ermittlerkreisen zu erfahren, dass die vier Schläger, die den Polizisten so schlimm zurichteten, nicht zu dieser Schule gehörten – allerdings zwei andere Jugendliche, die bei der Tat dabei waren. Gegen diese dürfte maximal wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt werden.

Günter Koschmieder, der Leiter der Büchner-Schule, rechtfertigt den Alleingang mit der Zeiss-Schule freimütig damit, dass sie „aus den Negativschlagzeilen herauskommen wollten“. Dass das Verhältnis zur Haubach-Schule jetzt belastet ist, weiß er natürlich, und er weiß auch, dass die Schulen in der Vergangenheit zu wenig für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit untereinander getan haben. Jetzt setzt er auf die Schüler: Sie hätten vor, gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen, vielleicht Sportfeste. „Die kriegen das hin“, sagt Koschmieder.

Die Haubach-Schule ist bisher nicht negativ aufgefallen. Im Gegenteil. Sie gehört zu den Schulen, die eine gute Kooperation mit der Polizei pflegen. Dass diese Form der Zusammenarbeit erfolgreich ist, wird an den vielen Nachahmern deutlich: Gestern wurde der 53. Kooperationsvertrag unterschrieben: mit der Spandauer Louise-Schroeder-Hauptschule.

Für den seit sechs Jahren hier tätigen Oberkommissar Stefan Dalchow bietet der Kooperationsvertrag neue Möglichkeiten, weil er erst jetzt hauptamtlich für die Betreuung der Schule zuständig ist. Ziel seiner Arbeit sei es, den Schülern „Werte und Normen“ zu vermitteln, sagt der 41-Jährige. Nur gemeinsam mit Lehrern, Schülern, Eltern, Sozialarbeitern und Psychologen könne man die Gewalt eindämmen. Dazu bietet er an der Schule Anti-Gewalt-Veranstaltungen an: In Rollenspielen müssen sich Schüler in die Opfer- und Täterrolle hineinversetzen, um dadurch Gewaltverzicht zu erlernen.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false