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Kunst auf dem Friedhof: Zwölf Künstler aus zehn verschiedenen Ländern reflektieren zum Thema Leben und Vergänglichkeit.

© tsp

Gemeinsame Sache in Pankow 2014: Ein Friedhof als Atelier

Kunst, Kinder, Kultur - und das auf einem alten Friedhof. Eine verwilderte Fläche in Prenzlauer Berg wird zum grünen Lerngarten und Kunstort. Am Aktionstag "Saubere Sache" wird Gemüse gepflanzt und ein Hochbeet gebaut.

50 Jahre lang hat sich die Natur diesen Teil des Friedhofs zurückerobert. Ranken überwuchern hier auf der Nordseite des „Georgen-Parochial I“ in Prenzlauer Berg die schiefen Kreuze, Gräser verdrängen die Wegmarkierungen, nachts jagt der Fuchs über den alten Knochen Mäuse und Würmer. Seit letztem Jahr mischen sich auch wieder lebende Menschen in dieses Getümmel: Der Umweltverband „Grüne Liga“ hat den einst verlassenen Ort von der evangelischen Kirche gepachtet. Hier, wo der Boden nach Moos und Moder duftet und augenlose Steinengel langsam zerbröckeln, will er einen grünen Lernort für Kinder und Jugendliche schaffen, Kunst ausstellen und einen urbanen Garten anlegen.

Meditation, Lesungen und Kunst auf dem Friedhof

Ist das morbide? „Nein, lebensbejahend“, sagt Ulrich Nowikow, Projektleiter für Umweltbildung bei der Grünen Liga. „Die Biodiversität ist auf Friedhöfen besonders hoch“, erklärt er. Mit langen Schritten stakst er über die Brennnesseln auf dem 40 mal 50 Meter großen Areal. „Das wollen wir nutzen, um Wissen über die Natur zu vermitteln.“ Drei Hochbeete stehen schon und lassen Zucchinis wuchern, am „Saubere Sache“-Aktionstag am 13. September sollen sie bepflanzt werden, ein weiteres soll gebaut werden. Langfristig sollen noch ein Pavillon und ein Gerätehaus hinzukommen.

„Wir möchten Kiez und Community einbinden, Erwachsene wie Kinder, es soll ein erholsamer Raum für alle werden“, wünscht sich Nowikow. Sie wollen hier bald Meditation anbieten, vielleicht Lesungen, und natürlich Kunst, um „mit dem Ort zu spielen, ohne die Pietät zu vergessen“, wie Nowikow sagt. Die Ideen werden Anwohner freuen - aber auch der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kommen sie gelegen: Schon 2006 sprach sie sich in einem Entwicklungsplan für alternative Nutzungen der vielen freien Friedhofsflächen in Berlin aus. Doch auch die Wildheit will gepflegt werden: „Wacklige Bäume müssen gefällt, marode Grabsteine vorsorglich umgekippt werden, damit sich niemand verletzt“, sagt Nowikow. Diese Aufgaben übernimmt nun die Grüne Liga als Gegenleistung für die Pacht. Gleich nebenan gab es kreative Vorreiter: Ein Teil des angrenzenden St. Marien- und St.Nikolai-Friedhofs verwandelte sich schon 2012 in den Leise-Park.

Auch Kunst und Garten werden irgendwann wieder vergehen

Nun also noch ein Kunst- und Lerngarten. Tainá Guedes, Inhaberin der Galerie „Entretempo Kitchen Gallery“ auf der Senefelderstraße, freut sich. Sie sagt: „Unsere Werke werden hier perfekt in der Atmosphäre des Ortes aufgehen und mit der Natur interagieren.“

Die 36-jährige Brasilianerin betreut die zwölf Künstler aus zehn verschiedenen Ländern, die sich hier nun zu den Themen Leben und Vergänglichkeit austoben können. Die Künstler wandern jetzt durch das Areal und malen sich aus, wo sie welches Kunstwerk platzieren. Anne Duk Hee Jordan aus Südkorea hat eine riesige Made aus Silikon gefertigt, die will sie im Boden wühlen lassen, Tomás Espinosa aus Kolumbien wird Spiegel ins wuchernde Grün stellen, die das Wort „unvergänglich“ formen.

Alle, die an den Aktionstagen auf den neuen Kulturraum kommen, können dann durch diesen Wald von Zeichen wandeln und ihn in eigene Gedanken übersetzen. Nebenbei können sie zimmern, gärtnern und Suppe essen – die kocht nämlich die Grüne Liga für die Helfer. Das Geschaffene wird auch bleiben: Kunst und Garten werden noch mindestens bis 2018 wachsen und gedeihen – und, dann, wie sich das im Kreislauf der Dinge gehört, irgendwann wieder vergehen.

Aktion: Sonnabend, 13. September, von 10 Uhr bis 16 Uhr auf dem Friedhof Georgen Parochial I in Prenzlauer Berg, Zugang über Heinrich-Roller-Straße, das Tor ist gegenüber der Heinrich-Roller-Grundschule (Hausnr. 18). Kontakt: Anke Ortmann unter der Telefonnummer 44339149; oder per E-Mail unter: anke.ortmann@grueneliga.de. Die Internetadresse lautet www.grueneliga-berlin.de

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