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Berlin: Geradewegs in die Zuschauer gerast

Kleinwagen durchbrach Absperrungen an der Fanmeile und verletzte 21 Menschen. Polizei nahm Fahrer fest. Motive unklar

Dramatischer Zwischenfall an der Fanmeile: Ein 33-jähriger Mann ist gestern Nachmittag mit einem PKW durch zwei Absperrungen gebrochen und mit hohem Tempo 300 Meter weit in das Gebiet der Fanmeile gerast, wo zahlreiche Menschen feierten. Erst vor der Hauptbühne am Brandenburger Tor wurde der VW Polo von einem Betonklotz gestoppt. 20 Personen wurden leicht verletzt, ein elfjähriger Junge erlitt schwere Verletzungen. Bei ihm besteht der Verdacht auf mehrere Rippenbrüche.

Gegen 15.30 Uhr hatte hatte der in Hannover lebende Deutsch-Inder mit seinem Wagen über die Behrenstraße kommend das erste Sperrgitter an der Ecke Ebertstraße durchbrochen. Von dort raste er nach Angaben mehrerer Augenzeugen mit Tempo 40 bis 50 über die Ebertstraße Richtung Brandenburger Tor. Der Fahrer habe dies „offensichtlich bewusst“ getan, sagte Innensenator Ehrhart Körting am Abend am Tatort. „Es handelt sich nicht um ein Attentat“, betonte Körting. Vielmehr habe offenbar ein „Verrückter“ versucht, Aufmerksamkeit zu erregen, indem er Menschen verletze.

Zunächst hatte die Polizei einen terroristischen Anschlag vermutet. Denn als Polizisten den 33-Jährigen aus dem Auto zerrten, um ihn festzunehmen, soll er etwas wie „Krawumm“ gerufen haben. Zudem soll die mit dem Mann im Auto sitzende 55-Jährige Frau einen Sari getragen haben. Dies war von Zeugen als Vermummung interpretiert worden. Der silberne Kleinwagen wurde deshalb von Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes geprüft. Nach etwa zwei Stunden kam die Entwarnung: kein Sprengstoff.

Kurz vor dem gestrigen Zwischenfall hatten sich besonders viele Kinder vor dem Brandenburger Tor aufgehalten, weil ein Sponsor Fußbälle von der Bühne werfen ließ. Die Verletzten konnten schnell behandelt werden, da sich direkt neben dem Tatort ein Sanitäterzelt steht. Noch eine Stunde nach der Amokfahrt kamen Rettungswagen, um Verletzete in Kliniken zu bringen. „Dass ich noch lebe, ist pures Glück“, sagte Fanmeilen-Besucher Thorsten Meyer dem Tagesspiegel. „Meine Freundin Sabina hörte den Knall, drehte sich um und zog mich am Arm zur Seite, bevor der Wagen vorbeikam. Das war ganz klar ein Anschlag.“ Die Polizei sei sofort da gewesen, habe den Wagen mit gezückten Pistolen umringt. Aus dem Wagen soll Rauch gedrungen sein, die Beamten hätten den Amokfahrer an Armen und Beinen aus dem Wagen gerissen und zu Boden geworfen. Beide Insassen sollen laut Zeugen so gewirkt haben, als stünden sie unter Schock.

Der Tatort wurde bis in den Abend weiträumig abgesperrt. Das Fanfest auf dem westlichen Teil der Straße des 17. Juni ging unterdessen weiter. Da gestern kein WM-Spiel stattfand, waren nach Veranstalterangaben nur einige zehntausend Menschen auf Deutschlands größtem Fanfest. An Spieltagen waren hier bis zu einer Million Fans gezählt worden.

Die beiden Insassen des PKW wurden gestern Abend von Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft vernommen. Am Abend rückte ein Feuerwehrkran an, um den VW Polo zu bergen und zur genauen Untersuchtung zur Polizei zu bringen.

Zeugen berichteten später der Polizei, dass der Wagen mit Berliner Kennzeichen teilweise in Schlangenlinien die 300 Meter an der US-Botschaft entlang gefahren sei. Dies könne ein Indiz sein, dass der Mann nicht absichtlich direkt auf die Menschen zugerast sei, hieß es. Zudem seien die meisten Besucher von dem Fahrzeug nur berührt worden. Wenn der Fahrer möglichst viele Menschen hätte verletzen oder töten wollen, hätte er wohl einen WM-Spielag gewählt und wäre in eine Menschengruppe gerast und nicht frontal gegen den Betonklotz.

Das LKA bittet Zeugen, sich unter der Telefonnummer 4664 911 203 zu melden.

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