zum Hauptinhalt

Berlin: Geschäfte machen – um jeden Preis und bei vollem Risiko

Frank Zimmermann, Vorsitzender des Banken-Untersuchungsausschusses, über den Stand der Erkenntnisse und das weitere Vorgehen

Von

Von Sabine Beikler

und Ralf Schönball

Undurchsichtige Kreditvergaben, heikle Immobiliengeschäfte und verschachtelte Gesellschaften: Manchmal schwirrt den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zur Bankenaffäre der Kopf, wenn sie sich durch Akten quälen, um sich auf die nächsten Zeugenbefragungen vorzubereiten. Seit mehr als zwei Jahren hat sich der Ausschuss mit der Parteispenden-Affäre, Aubis-Komplex, Fondsgeschäften und der Gründungsphase der Bankgesellschaft beschäftigt.

Auch während der Sommerpause geht die Arbeit des Ausschusses weiter: Zurzeit nimmt jede Fraktion ein Immobiliengeschäft unter die Lupe, damit dazu schon im September die nächsten Zeugen gehört werden können. Was wussten Aufsichtsräte von riskanten Geschäften, und welche Rolle spielten die Wirtschaftsprüfer? Wie sahen die bankinternen Abläufe bei Genehmigungen genau aus? Diese Fragen will der Ausschuss bis Ende des Jahres geklärt haben. „Wir liegen gut im Zeitplan“, sagt Frank Zimmermann (SPD), Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, optimistisch.

Noch vor kurzem erhielten die Parlamentarier durch die Zeugenaussage eines hochrangigen früheren Managers der Bankgesellschaft wertvolle Hinweise: Demnach wurde bei der Kreditvergabe systematisch gegen kaufmännische Grundsätze verstoßen. „Wir können jetzt konkrete Geschäfte mit bestimmten Personen im Vorstand der Berlin-Hyp in Verbindung bringen“, sagt Zimmermann. Außerdem gebe es „dringende Verdachtsmomente“ dafür, dass nicht nur bei der von Klaus Landowsky geführten Berlin-Hyp Kredite gegen das Votum von Fachleuten durchgedrückt wurden. Bei problematischen Großkrediten vermutet Zimmermann „Verquickungen von geschäftlichen und anderen Interessen“. Er schließt nicht aus, dass „politische oder persönliche Motive“ umstrittene Kreditentscheidungen beeinflusst haben. Grünen-Politiker und Ausschussmitglied Wolfgang Wieland umschreibt mit eigenen Worten die Art und Weise der Kreditvergabe bei den Banken „wie bei Hempels unterm Sofa“.

Der Ausschuss überprüft sowohl Kreditvergaben als auch Immobiliengeschäfte. Zimmermann zufolge haben bei den Immobilientöchtern „zentrale Figuren“ der Bankenaffäre gearbeitet. Zimmermann nennt keine Namen, doch hätten diese „zentralen Figuren“ regelrechte Kauforgien veranstaltet. Immobilien seien „in rauen Mengen“ erworben worden, um genügend Fonds auflegen zu können. Wer hat darüber entschieden? Zimmermann zufolge mussten die Kontrollgremien darüber Bescheid gewusst haben, auch die Vorstände der Teilbanken sollen einbezogen gewesen sein. „Aufgrund von Gutachten wissen wir, dass die Banken Immobilien von Not leidenden Kreditkunden in die Fonds verschoben haben, um ihre Bilanzen aufzupolieren“, erklärt der SPD-Politiker dubiose Geschäftspraktiken bei den Banken.

SPD-Fraktionschef Michael Müller hatte gefordert, dass der seit 1998 für das Controlling zuständige Vorstand Norbert Pawlowsky gehen müsse. Dieser Forderung will sich Zimmermann nicht anschließen. „Wenn einzelne, die Mitte 1998 zur Bank kamen, noch dabei sind, dann werden sie offensichtlich gebraucht.“ Ob Pawlowsky eine Verantwortung für die Risiken trägt, habe der Ausschuss noch nicht geklärt.

Das Land Berlin hatte im vergangenen Jahr Risiken für Fondsgeschäfte mit rund 21 Milliarden Euro übernommen. Die Entscheidung war in allen Fraktionen umstritten: Niemand kann bis heute den „Ernstfall“ definitiv ausschließen. Für Zimmermann ist die Übernahme der Risiken allerdings kein „Blankoscheck“. Dass bisher keine Gelder in Anspruch genommen wurden, liegt seiner Meinung nach an der fehlenden Zustimmung der EU-Kommission. Außerdem müssten Forderungen sorgfältig geprüft werden. Wie teuer es am Ende für Berlin wird, könne man erst in 30 Jahren sagen. „So lange laufen die Garantien.“ Die Verluste werden auf drei bis sechs Milliarden Euro geschätzt.

Eindeutig fällt seine Antwort aus, wer die politische Hauptverantwortung für die Banken-Affäre trägt. „Die damaligen Akteure von CDU und SPD“, die Gründungsväter der Bankgesellschaft. Auf Konzernseite wiederum habe eine Steuerung der Geschäfte gefehlt. Zimmermann: „Diese Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Finanzwirtschaft in den frühen 90er Jahren ist eine wesentliche Ursache für die Misere.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false