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Gescheitertes Projekt: Keine Aussicht: Fonds für Riesenrad wird aufgelöst

Von 208 Millionen Euro, die für das Riesenrad gesammelt wurden, sind gerade noch 20 Millionen übrig . Das Firmengeflecht des Projektentwicklers ist kaum durchschaubar und reicht bis auf die Jungferninsel, Zypern und Singapur.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Nee, die gibt’s hier nicht mehr“, sagt der Pförtner, der das Foyer des Zoobogens bewacht. „Das mit dem Riesenrad ist ja alles in die Binsen gegangen.“ In dem Bürohaus am Hardenbergplatz 2 müsste eigentlich die „Great Berlin Wheel GmbH & Co.KG“ residieren, die vor vier Jahren gegründet wurde, um neben dem Zoologischen Garten ein 185 Meter hohes Aussichtsrad zu bauen. Aber die Projektgesellschaft, deren 120-Millionen-Investition in aller Munde war, ist kaum noch greifbar und hat bis heute keinen neuen Geldgeber gefunden.

Von den 208,4 Millionen Euro, die im Fonds „Global View“ gesammelt wurden, um in Berlin, Peking und Orlando Riesenräder zu bauen, versickerten 53 Millionen Euro ohne sichtbaren Erfolg in der Berliner Projektgesellschaft. Auch das Projekt in Orlando befindet sich laut interner Leistungsbilanz wegen Geldmangels „im Stillstand“. Das Unternehmen in Peking ist pleite. Der Fonds, der von einer Gesellschaft in Frankfurt/Main unter dem Dach der Bankengruppe ABN Amro aufgelegt wurde, steht dem sicheren Vernehmen nach kurz vor der Auflösung.

Im Frühjahr 2010 wurden die meisten Anleger mit 60 Prozent der ursprünglichen Beteiligungssumme abgefunden. Die aufgekauften Anteile stecken nun in der Auffanggesellschaft Aurasio und sind höchstens noch 20 Millionen Euro wert. Das Projekt in Berlin erhält aus diesen Restbeständen nichts. Nur ein Zusatzkredit von vier Millionen Euro, der Ende 2009 gewährt wurde, hält den laufenden Betrieb aufrecht. Um das Riesenrad in der Hauptstadt kümmerte sich von Anfang an der Diplom-Physiker Michael Waiser. Man kommt ihm nur schwer auf die Spur. Unter der Telefonnummer, die seit 2006 fester Bestandteil des Projekts war, meldet sich eine Sekretärin: „Pmw, Gesellschaft für Projektmanagement!“ Im Telefonbuch steht unter der Nummer die Art Work PR GmbH. Beide Firmen, die sich mit Immobilien und Marketing befassen, gehören Waiser und sind angeblich in der Schönhauser Allee zu finden.

Am Bürohaus hängen draußen auch die Firmenschilder, aber die Räume sind leer oder neu bezogen. Auf dem Klingelbrett vor der Eingangstür findet man überraschend sogar die „Great Berlin Wheel“. Aber da kann man klingeln – nichts passiert. Gleich daneben das schriftliche Zeugnis einer weiteren Firma, deren Geschäfte Waiser führt: Die NH-Immobilien, laut Handelsregister mit Sitz nur in Würzburg.

Zurück in den Westen. Ein Besuch im 15. Stock des Zoobogens offenbart, das Waiser dort sein buntes Firmenensemble mittlerweile in einem Büro zusammengefasst hat: Die Projektgesellschaft pmw, die 2003 an der Planung für eine Skihalle in Neukölln beteiligt war, aus der nichts wurde. Außerdem die Art Work und die NH-Immobilien. Auf dem Sammelschild prangt auch das Logo der „Great Wheel Corporation“. Das ist die Holding, die in Peking, Orlando und Berlin Räder bauen wollte. Mit Sitz in Singapur, nicht in Berlin. Am Telefon beteuert Waiser trotzdem, dass die Berliner Projektgesellschaft „existiert und arbeitet“. Es würden weiterhin „intensive Gespräche“ mit potenziellen Geldgebern geführt. Das ist die Sprachregelung seit vielen Monaten. Zu seiner Berliner Firmensammlung sagt er nichts.

Die Bank und deren Fondsgesellschaft in Frankfurt distanzieren sich längst von Waiser. Und die Aurasio, die den untergegangenen Fonds verwaltet, hat ihm im April einen zweiten Geschäftsführer an die Seite gestellt: Klaus Abraham, ein Interimsmanager, spezialisiert auf Einsätze in schwierigster Lage. Er ist in Urlaub.

Derweil laufen die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Waiser, den Great Wheel-Teilhaber Stephan Mattner und Holding-Vorstand Florian Bollen wegen des Verdachts, bis zu zehn Millionen Euro aus dem Fondsvermögen veruntreut zu haben, weiter. Die Ermittler müssen sich durch das extrem verschachtelte Firmenkonstrukt (siehe Grafik) kämpfen, das bis Zypern, Singapur und zu den Jungferninseln reicht und angeblich dem Bau eines Aussichtsrads diente. Mit einem schnellen Abschluss sei nicht zu rechnen, sagt Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft.

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