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Berlin: Große Bombensuche im Müggelsee

Nach dem Fund von sieben Blindgängern soll systematisch geräumt werden

Die gefährlichen Reste des Zweiten Weltkriegs lauern überall: In den Wäldern, in Baugruben, im Wasser. Sieben Bomben mit einer Sprengkraft von jeweils 50 Kilo wurden, wie berichtet, am Dienstag aus dem Müggelsee geborgen und entschärft. Bereits vor etwa zwei Wochen waren zwei derartige Fliegerbomben nahe dem Strandbad entschärft worden. Wie sie dorthin gekommen sind, darüber rätseln derzeit die Experten. Es handelt sich nicht etwa um Munition, die die Alliierten über der Stadt abgeworfen haben, sondern um Bomben aus deutscher Produktion, sagte Dirk Wegener, der Leiter des Kampfmittelräumdienstes der Polizei. Er vermutet, dass die Blindgänger entweder „verklappt“ - also einfach als Müll im Wasser versenkt - wurden oder dass möglicherweise ein deutsches Flugzeug mit seiner explosiven Ladung in den See stürzte. Das müsste dann ebenfalls noch irgendwo im See liegen. Die Blindgänger lagen in einem Umkreis von etwa 50 Metern in ein bis drei Metern Tiefe. Die Polizei sperrte die Fundstelle ab.

Nach den brisanten Funden will die für Kampfmittelräumung zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bei der Wasser- und Schifffahrtsbehörde des Bundes darauf drängen, dass der See abgesucht wird. Die West-Berliner Gewässer seien bis Ende der 70er Jahre geräumt worden und gelten als weitgehend sauber, sagte Jürgen Wittkamp von der Senatsverwaltung. Im Ostteil der Stadt habe die DDR lediglich punktuell, nie flächendeckend, gesucht. Einzig die Rummelsburger Bucht gilt als geräumt. Sie war bis zum Jahr 2000 von Weltkriegsmunition gesäubert worden: fünf britische Fliegerbomben mit einer Sprengkraft von jeweils 250 Kilo wurden geborgen und entschärft.

Fast 500 000 Tonnen Bomben wurden Schätzungen zufolge während des Krieges über Berlin abgeworfen. Zwischen 5 und 15 Prozent – 25 000 bis 75 000 Tonnen – explodierten nicht und blieben als Blindgänger liegen. Seit 1948 wurden 10 000 Stück davon unschädlich gemacht. Die meisten wurden nach der Auswertung von Luftaufnahmen gefunden, die die Alliierten während ihrer Angriffe machten. Darauf kann man sehr genau erkennen, wo Bomben explodierten und wo nicht. Aber sie geben natürlich keinen Hinweis auf Blindgänger, die im Wasser landeten.

Trotz der langen Zeit im Müggelsee sei die Gefahr gering gewesen, dass die Bomben explodierten, sagte Dirk Wegener. Die Bomben waren mit einem Aufschlagzünder ausgestattet, der nur bei außergewöhnlicher hoher Belastung ausgelöst worden wäre. Viele Bomben waren dagegen mit chemischen Langzeitzündern versehen, die Jahr für Jahr gefährlicher werden, weil sich die Chemikalien verändern. Rund 80 Bomben sind seit Kriegsende in der Bundesrepublik von selbst explodiert: eine davon 1983 am Hasenhegerweg in Neukölln.Verletzt wurde niemand, aber es entstand hoher Sachschaden. Experten wie Wegener schätzen, dass noch immer weit über 1000 Blindgänger in der Erde liegen. Die Wälder in Köpenick, zum Beispiel, werden derzeit systematisch abgesucht. Dabei wurden mehrere Tonnen Munition unschädlich gemacht.

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