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Berlin: Großflughafen Berlin-Brandenburg: Für den Ausstieg ist es zu spät

Das Ziel war hoch - und wurde nicht erreicht. "Planung, Bau und Betrieb des Flughafens BBI sollen vorrangig durch private in- und ausländische Investoren finanziert werden", schrieb 1997 die damals für die Planung und Privatisierung zuständige Projektplanungsgesellschaft-Gesellschaft Schönefeld (PPS), eine Tochter der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF).

Das Ziel war hoch - und wurde nicht erreicht. "Planung, Bau und Betrieb des Flughafens BBI sollen vorrangig durch private in- und ausländische Investoren finanziert werden", schrieb 1997 die damals für die Planung und Privatisierung zuständige Projektplanungsgesellschaft-Gesellschaft Schönefeld (PPS), eine Tochter der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Heute weiß man, dass der Flughafenbau nur mit einem Milliarden-Zuschuss der ö ffentlichen Hand möglich sein wird.

Nach einer beispiellosen Pannenserie im Verfahren ist es zweifelhaft, ob es überhaupt noch zu einer "Privatisierung" kommen wird. Im März wollen Berlin, Brandenburg und der Bund als Eigentümer der Flughafengesellschaft entscheiden, ob sie Vertragsverhandlungen zum Kaufangebot des Konsortiums um IVG und Hochtief aufnehmen oder ob das Verfahren für gescheitert erklärt wird. In der ersten Runde hatten die Noch- Eigentümer das Angebot als nicht verhandlungsfähig bezeichnet und Nachbesserungen verlangt.

Extrem kritisch sehen inzwischen dem Vernehmen nach auch die Rechnungshöfe Berlins, Brandenburgs und des Bundes das vorliegende Angebot, zu dem es offiziell keine Stellungnahme gibt. Nach Informationen des Tagesspiegels liegt die Summe der Belastungen und Risiken für die öffentliche Hand auch nach einem Verkauf der Flughafengesellschaft bei insgesamt fast eineinhalb Milliarden Euro für den Bau und die Verkehrsanbindung des Flughafens, dessen Bau in der erste Stufe etwa zwei Milliarden Euro verschlingen wird. Gleichzeitig hat man erkannt, dass die Politik bei einem vollständigen Verkauf der Flughafengesellschaft, wie er bisher geplant war, fast jeglichen Einfluss auf die Flughafenpolitik verlieren würde.

Inzwischen gibt es nämlich Zweifel, ob der Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in völlig privater Regie auch eine Jobmaschine wird, wie es die Politiker aller Parteien erhoffen, oder ob bei einem Verkauf am Ende nicht doch nur das Geldverdienen im Vordergrund stehen wird. Deshalb gibt es Bestrebungen, höchstens 74,9 Prozent der BBF zu verkaufen, um wenigstens mit einer Sperrminorität Entscheidungen gegen die Interessen der Länder und des Bundes verhindern zu können.

Das nachgebesserte Angebot des gemeinsamen IVG-/Hochtief-Konsortiums sei vor allem geschickter formuliert als die zurü ckgewiesene erste Offerte, heißt es. Es lasse auch Spielraum für weitere Angebotsverbesserungen. Hier gebe es mehrere Varianten, abhängig von den jeweiligen Passagierprognosen und dem Eröffnungstermin des ausgebauten Flughafens in Schönefeld.

Vor allen nach den Terroranschlägen vom 11. September in New York und Washington gab es einen erheblichen Rückgang bei den Passagierzahlen. Im Januar flogen 12,6 Prozent weniger als im gleichen Monat ein Jahr zuvor. Die bisherigen Prognosen sagten dagegen für die nächsten Jahre ein stetiges Wachstum der Fluggastzahlen voraus. Während die meisten Fluggesellschaften nur mit einem momentanen Einbruch der Nachfrage rechnen, kalkuliert das Konsortium dem Vernehmen nach dauerhaft mit weniger Passagieren. Deshalb solle der ausgebaute Flughafen in Schönefeld erst 2011 in Betrieb gehen. Geplant war die Eröffnung bisher für Ende 2007/Anfang 2008.

Da Tegel erst geschlossen werden soll, wenn der Flughafen BBI in Schönefeld voll in Betrieb ist, lässt sich mit dem innerstädtischen Flughafen länger Geld verdienen, wenn Schönefeld erst später kommt. 2000 brachte Tegel der Flughafengesellschaft einen Gewinn in Höhe von knapp 40 Millionen Euro. Das Konsortium will für die Flughafengesellschaft deshalb um so weniger zahlen, je schneller Tegel geschlossen wird und damit als Geldverdienmaschine wegfällt. Vor allem aber Berlin und Brandenburg wollen am bisherigen Terminplan mit der Schönefeld-Eröffnung 2007/2008 festhalten.

Die Rechnungshöfe kritisieren aber, wie bekannt wurde, auch das bisherige Verhalten der Altgesellschafter im Privatisierungsverfahren. Sie hatten Anfang 1999, beraten von zahlreichen - und teuren - Banken und Gutachtern, Hochtief den Zuschlag erteilt. Nach einer Klage des damals unterlegenen Konkurrenten IVG hob das Oberlandesgericht Brandenburg den Zuschlag wegen mehrerer Verfahrensfehler auf.

Danach warfen auch die Gesellschafter dem Hochtief-Konsortium Verstöße gegen die Vergaberichtlinien vor und schlossen es im Februar 2000 vom weiteren Verfahren aus. Dagegen klagte wiederum Hochtief. Das Oberlandesgericht Brandenburg schlug dann vor, dass beide Kontrahenten ein gemeinsames Konsortium bilden. Im November 2000 schlossen die Parteien einen solchen Vergleich, bei dem sie auch auf mögliche Schadensersatzansprüche verzichteten.

Kritiker warnten zwar schon nach dem gerichtlich vorgeschlagenen Zusammenschluss der ehemals verfeindeten Konsortien vor einem damit verbundenen Anbietermonopol, doch vom ersten Angebot des neuen Konsortiums waren alle enttäuscht und teilweise entsetzt. Nur noch 25 Millionen Euro wollten IVG/Hochtief für die Flughafengesellschaft zahlen. Ursprünglich hatte Hochtief allein 324 Millionen Euro geboten, während IVG nur etwa die Hälfte zahlen wollte. Im nachgebesserten Angebot soll die höchste Offerte nun bei etwa 122 Millionen Euro liegen, verknüpft aber mit der Bedingung, dass es für den Bau einen Zuschuss der EU in Höhe von 100 Millionen Euro an das Konsortium gibt. Der gutachterlich ermittelte Wert der Flughafengesellschaft ist jedoch nach Angaben von Flughafen-Chef Götz Herberg wesentlich höher.

Lehnen die Altgesellschafter Verkaufsverhandlungen ab, müssen sie den Flughafenausbau komplett selbst finanzieren oder zumindest für Kredite bü rgen, die die Flughafengesellschaft dann als Bauherr aufnehmen müsste. Ein alternatives Finanzierungskonzept zur Privatisierung haben zwar die Flughafengesellschaft und auch die Gewerkschaft Verdi erstellt, die Politik sei bis heute darauf aber nicht vorbereitet, bemängeln die Rechnungshöfe nach Tagesspiegel-Informationen. Die Gesellschafter haben ihre Entscheidung zur Aufnahme von Verhandlungen oder zum Abbruch mehrfach verschoben. Der optimale Zeitpunkt zum Ausscheiden sei bereits versäumt worden, klagt ein Insider. Ob es im März das angekündigte Votum gibt, ist auch nicht sicher.

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