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Berlin: Grün muss warten

Die Polizeiführung hat beim Berliner Modell eine durchwachsene Bilanz gezogen. Für eine Ausweitung fehlt Geld

Von Otto Diederichs

Gut viereinhalb Jahre nach Einführung des so genannten Berliner Modells bei der Polizei hat die Polizeiführung den Abschlussbericht vorgelegt. Das Modell sieht vor, dass kleinere Delikte wie Keller- und Wohnungseinbrüche oder Fahrraddiebstähle von der Schutzpolizei bearbeitet werden, um die Kripo-Kollegen zu entlasten, damit die sich verstärkt um die Aufklärung schwererer Straftaten kümmern können. 3806 Beamte und Beamtinnen in vier der sieben Berliner Polizeidirektionen arbeiten schon nach dem Berliner Modell. Was wurde erwartet – und was erreicht?

Versprechen: „Mehr Grün auf die Straße“.

Ergebnis: Der Außendienstanteil der Beamten ist gleich geblieben. Wie vorher beträgt er auch beim Berliner Modell 52 Prozent. Dieser Anteil gilt aufgrund sonstiger Aufgaben und unvorhersehbarer Situationen als „nur bedingt beeinflussbar“. Für eine „gezielte Präsenz“ verbleiben jetzt lediglich acht Prozent der Arbeitszeit. Im Funkstreifendienst wird zwischen eilbedürftigen und nicht eilbedürftigen Einsätzen unterschieden. Das angestrebte Ziel, rund 80 Prozent der Einsätze als nicht eilbedürftig einzustufen und zu einem späteren Zeitpunkt einen Beamten zu schicken, stieß bei der Bevölkerung nicht auf Akzeptanz. Sie hätte nur bei „unbedingter Standhaftigkeit“ aller Verantwortlichen erreicht werden können, heißt es in dem Bericht. Das Verhältnis zwischen eilbedürftig und nicht eilbedürftig liegt daher nun bei 70:30.

Versprechen: Mehr Bürgerfreundlichkeit durch „Einhandbearbeitung“.

Ergebnis: Viele Schutzpolizisten sind mit der Bearbeitung von der Anzeigenaufnahme bis zur Abgabe an die Staatsanwaltschaft offenbar überfordert. So gilt etwa die Spurensicherung noch als mangelhaft. Auch die weitere Bearbeitung wird oft entsprechend der Sachkunde der Beamten untereinander getauscht. Da diese „sanfte Spezialisierung“ die Bearbeitungszeit verringert, wird sie von der Polizeiführung geduldet und gilt „bis auf weiteres“ sogar als notwendig.

Versprechen: Bessere Verbrechensbekämpfung durch Entlastung der Kripo.

Ergebnis: Durchschnittlich 54 Prozent aller Vorgänge, die früher die Kriminalpolizei bearbeitet hat, werden heute durch die Schutzpolizei erledigt. Hierdurch können die Kriminalbeamten zusätzliche Aufgaben wahrnehmen, etwa beim Opferschutz oder als Jugendbeauftragte. 135 Mitarbeiter wurden im Landeskriminalamt zur intensiveren Bekämpfung der Wirtschafts- und Computerkriminalität oder der Kinderpornografie eingesetzt. Im nächsten Jahr sollen weitere 80 Beamte folgen.

Versprechen: Modernisierung und effektiverer Einsatz von Technik.

Ergebnis: Bei der Computertechnik wurde zumindest ein „Grundstein gelegt“. 160 der neu beschafften Computer sind an den polizeilichen Großrechner angeschlossen. Für die Sachbearbeitung wurden bisher 860 PC und weitere 253 als mobile Datenbanken für die Streifenwagen beschafft. Notwendige Nachlieferungen sind wegen der Finanzmisere derzeit nicht möglich. Zudem entsprechen die zuerst gelieferten Geräte heute nicht mehr dem Stand der Technik. Neuanschaffungen oder Ersatz bei Reparaturen scheitern ebenfalls an fehlendem Geld. Geräteausfälle haben immer Auswirkungen auf die Bearbeitungsdauer der Vorgänge. Es hapert auch an einer durchgängigen Vernetzung der Direktionen. Kein Polizeiabschnitt verfügt über eine Intranet-Anbindung.

Mit dem jetzigen Abschlussbericht endet der bisherige Probelauf. Die mit der Einführung des Berliner Modells verbundenen „gehobenen Anforderungen“ hätten sich auf viele Beamte „motivierend ausgewirkt“, heißt es. Gelungen sei auch der Abbau von Überstunden durch die Einführung neuer Arbeitszeiten. „Das Berliner Modell hat sich in seiner jetzigen Form bewährt und kann in den Alltagsbetrieb überführt werden“, schließt der Bericht. Zugleich warnt er vor weiteren personellen Einsparungen.

So habe man ursprünglich knapp 40 Beamte je Dienstgruppe vorgesehen, derzeit liege die Stärke aber durchschnittlich bei etwa 34. Sollte die Dienstgruppenstärke unter 30 Mitarbeiter sinken, so werde das Erreichen der Ziele „unmöglich“. An eine baldige Erweiterung des Modells ist angesichts der finanziellen Engpässe nicht gedacht. Bis auf weiteres wird die Berliner Polizei ihre Aufgaben daher auf zwei unterschiedlichen Arten erledigen müssen.

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