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Berlin: Häuserkampf im Parlament

Wie viele städtische Wohnungen braucht Berlin? Darüber streiten sich die Parteien. Ein Pro und Contra

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Aus dem Verkauf städtischer Wohnungsbaugesellschaften flossen seit 1994 fast 1,7 Milliarden Euro in den Landeshaushalt. Innerhalb von elf Jahren wurden 14 Unternehmen verkauft. So gibt es heute noch sechs Unternehmen, die knapp 280 000 öffentliche Wohnungen verwalten. Das sind 15 Prozent des Berliner Wohnungsbestands; im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten ist das eine normale, durchschnittliche Quote. Trotzdem sind die Mieter unruhig, und die Parteien streiten sich. Ausgelöst wurde die neue Diskussion über die Zukunft der öffentlichen Wohnungswirtschaft durch die Pläne der landeseigenen Gesobau, im Märkischen Viertel 2500 Wohnungen an private Investoren zu verkaufen. Außerdem will die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) bis zu 15 000 Wohnungen veräußern, um zahlungsfähig zu bleiben.

Auch die Bereitschaft der anderen Wohnungsunternehmen, ihre Bestände abzustoßen, wächst. Momentan werden gute Preise gezahlt und das Geld wird für sanierungsreife Häuser benötigt. Finanzielle Reserven haben die Gesellschaften kaum. Sie sind mit acht Milliarden Euro verschuldet und Degewo, WBM und „Stadt und Land“ machten 2004 immer noch Verluste. Die Zahlen für 2005 liegen bislang nicht vor. „Eine Neuordnung der Wohnungswirtschaft ist dringend erforderlich“, hatten SPD und PDS 2001 in die Koalitionsvereinbarung geschrieben. Ein Anspruch, der bis heute nicht erfüllt ist.

Das fällt nicht nur den Oppositionsparteien unangenehm auf. Die SPD-Fraktion zog kürzlich die Notbremse und forderte den Senat auf, ein „Gesamtkonzept“ vorzulegen. Bis dahin dürfe es keine „enbloc“-Verkäufe geben, solange dies nicht „zur Liquiditätssicherung einer Gesellschaft unabwendbar“ sei. Die PDS setzte noch eins drauf und will auch die Privatisierung von WBM-Wohnungen verhindern. Auch CDU und Grüne fordern ein Verkaufs-Moratorium, bis der Senat ein Konzept vorgelegt hat. Die FDP setzt auf Privatisierung. „Berlin muss sich mittelfristig von allen Wohnungen trennen.“

Am Mittwoch wird der Beteiligungsausschuss des Abgeordnetenhauses über die verfahrene Situation debattieren. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die finanziell marode WBM. „Wir brauchen in Berlin auch in Zukunft einen Grundstock von 260 000 bis 270 000 öffentlichen Wohnungen, ordentlich verteilt über die Stadt“, sagt der Ausschussvorsitzende Stefan Zackenfels (SPD). Vor den Folgen weiterer Privatisierungen warnt der Mieterverein: Das würde zu „deutlich steigenden Mieten, der Verdrängung von Mietern durch Modernisierung und Eigentumsbildung und zum Verlust sozialpolitischer Vereinbarungen in den Bezirken“ führen.

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