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Hält wenig von großflächigen Enteignungen der Deutschen Wohnen, Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD).

© Jörg Carstensen/dpa

Haushaltsüberschuss 2018: Berlin macht 2,4 Milliarden Euro plus

Finanzsenator Matthias Kollatz freut sich über die schwarzen Haushaltszahlen, warnt aber vor leichtsinnigen Manövern – und meint damit auch die Wohnungspolitik.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin hat Geld ohne Ende. Seit 2012 schreibt der Landeshaushalt schwarze Zahlen und auch das Jahr 2018 schloss mit einem satten Überschuss von 2,4 Milliarden Euro ab. „Das ist eine gute Nachricht für die Stadt“, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), als er am Dienstag den vorläufigen Jahresabschluss vorstellte. Aber er warnte eindringlich vor leichtsinnigen Manövern. Ein großflächiger Ankauf von Wohnungen des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen ist mit ihm wohl nicht zu machen.

„Wer glaubt, alles kaufen zu können, überschätzt die Finanzmittel Berlins“, sagte der Senator. Er selbst wird das Thema jedenfalls nicht vorantreiben. „Erwarten Sie nicht, dass ich Haushalts-ruinöse Vorschläge mache.“ Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte am Freitag die Kommunalisierung von 51 000 Wohnungen ins Spiel gebracht, die der ehemals städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW gehörten, die 2004 vom rot-roten Senat privatisiert worden ist. 2013 übernahm die Deutsche Wohnen diese Bestände.

Eine Enteignung sei aus Landesmitteln nicht zu finanzieren, so der Finanzsenator

Der unmittelbare Anlass für Müllers überraschenden Vorstoß ist ein Volksbegehren zur Enteignung der Deutsche Wohnen und anderer großer Immobilienfirmen, das im Frühjahr mit einer Unterschriftensammlung starten soll, aber jetzt schon eine kontroverse öffentliche Debatte herbeigeführt hat. Der Senat habe sich mit dem Volksbegehren bisher nicht befasst, teilte Kollatz mit. „Die Plausibilität spricht allerdings nicht dafür, dass eine solche Enteignung aus Landesmitteln zu finanzieren wäre.“

Den weiteren Ankauf privater Mietwohnungen durch die städtischen Wohnungsunternehmen, mit Unterstützung des Landes Berlin, hält Kollatz trotzdem für ein probates Mittel der öffentlichen Wohnungs- und Mietenpolitik. „Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind selektive Zukäufe sinnvoll.“ Im Rahmen des Milieuschutzes gebe es ein kommunales Vorkaufsrecht, das seit eineinhalb Jahren intensiver genutzt werde. Allein 2018 seien auf diese Weise 3015 Wohnungen in den Besitz der landeseigenen Wohnungsunternehmen gelangt.

Berlin unterstützt diese Ankäufe aus einem Fonds, in dem 150 Millionen Euro stecken. Davon sind nach Angaben der Finanzverwaltung 78 Millionen Euro ausgegeben oder planerisch gebunden. Weitere Käufe werden vorbereitet. Kollatz kann sich vorstellen, und steht damit in der Koalition nicht allein, dass zusätzliche Mittel aus dem landeseigenen Investitionsfonds Siwana zur Verfügung gestellt werden. Auch könnten die Wohnungsbaugesellschaften, die Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaften, einen Teil ihrer Überschüsse für die Kommunalisierung von Wohnungen nutzen.

Rot-Rot-Grün will den Wohnungsbestand bis 2025 auf 400 000 erhöhen

Ziel sei es, so der Finanzsenator, in der wachsenden Stadt den Anteil städtischer Wohnungen am insgesamt zunehmenden Bestand ungefähr zu halten. Laut Koalitionsvertrag will Rot-Rot-Grün den Bestand (von jetzt 310 000) bis 2025 auf 400 000 zu erhöhen. Deshalb werde es in Zukunft „wahrscheinlich mehr selektive Zukäufe geben“, kündigte Kollatz an. Dabei müsse aber die Belastung des Berliner Haushalts aus seiner Sicht so gering wie möglich bleiben. Im Wesentlichen seien also die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gefragt.

Der Deutsche Wohnen, die derzeit im Fokus der öffentlichen Diskussion steht, warf der Finanzsenator vor: „Dem Unternehmen ist es in Berlin gelungen, sich an die Spitze der unbeliebtesten Vermieter zu setzen.“ Er kündigte an, dass der Streit um drei Wohnblöcke in der Karl-Marx-Allee, deren Erwerb durch die Deutsche Wohnen der Senat verhindern will, demnächst vor Gericht verhandelt werde. Eine „Serie einstweiliger Verfügungen“ habe die Finanzverwaltung bereits erwirkt, jetzt werde wohl zeitnah das Hauptverfahren eröffnet.

Langfristiges Ziel sei die Förderung von 6 000 neuen Wohnungen pro Jahr

Dabei halte der Senat an seinem Ziel fest, Vorkaufsrechte über einen Teil der Mieter wahrzunehmen. Und es besteht offenbar auch die Hoffnung, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM in ehemalige Eigentumsrechte an den Wohnungen (im Rahmen des Altschuldenrechts) wieder eingesetzt werden könnte. Kollatz schließt „jahrelange Prozesse“ nicht aus, ein juristischer Vergleich wäre ihm lieber.

Trotz aller Debatten um die Rekommunalisierung von Wohnungen: Für den Senat habe nach wie vor der Neubau Priorität, betonte Kollatz. Im vergangenen Jahr seien 3 500 neue Wohnungen öffentlich gefördert worden, bis 2021 werde diese Zahl um jährlich 500 erhöht. Langfristiges Ziel sei die Förderung von 6 000 Wohnungen pro Jahr.

Trotz der komfortablen Haushaltslage in Berlin warnte der Finanzsenator vor finanziellem Leichtsinn. „Von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung können wir uns nicht abkoppeln.“ Es wäre falsch, auf eine Berliner Sonderkonjunktur zu hoffen. Wichtig sei es, dass die Hauptstadt es schaffe, ökonomisch in der Spitzengruppe der Bundesländer zu bleiben. „Wir müssen alles versuchen, den Aufschwung zu verlängern und zu stärken.“

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