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Heizung runter drehen hilft schon mal, richtige Sparfüchse lassen sich aber etwas anderes einfallen.

© dpa

Heizkosten senken: Not macht erfinderisch

Unsere Kolumnistin freut sich über eine satte Heizkostenrückzahlung. Und entdeckt im Netz die kreativen Erfindungen sparsamer Berliner, um die Wohnung warm zu bekommen.

Als ich jetzt meine Heizkostenjahresabrechnung bekommen habe, war das wie eine Bonuszahlung. Die satte Summe von 471 Euro erhalte ich zurück. Bevor ich aber der Versuchung nachgebe, sofort mein Investitionsprogramm aufzulegen, halte ich kurz inne. Mein Energieeinsparvorbild war mein Vater. Der hat nach Einbau unserer ersten modernen Zentralheizung den Klimaschutz erfunden. Kein Heizungsregler und kein Lichtschalter waren mehr vor ihm sicher. Und ich mache ihm das nach, wohl weniger genetisch als durch Prägung.

Die wohlige Wärme des Kohleofens

Als Bergmann bekam er jedes Jahr den Keller mit Briketts und Eierkohlen vollgemacht. Das war Bestandteil seines Lohns, aber als Naturalien quasi kostenlos. Wenn ich heute im Winter durch Kreuzberg oder Moabit gehe und es da und dort noch nach Kohleöfen riecht, denke ich oft an meine Heimat. Und damit meine ich nicht Anatolien, sondern Duisburg. Dort hatte ich diesen Geruch von verbrannter Kohle nicht nur in der Nase, wenn ich das Haus verließ: Mit dem Eimer die Eierkohlen aus dem Keller holen, die Asche in den metallenen Mülleimer rausbringen, die wohlige Wärme, die ein Kohleofen abstrahlt, und die Gluthitze, die unser Herd in der Küche verbreitete und dabei zwei Briketts in etwas mehr als einer Stunde verglühen ließ. Kälte machte einem nichts aus, da man wusste, wo die sichere Wärme war, nämlich zu Hause.

Irgendwann kamen dann drei Freunde meines Vaters und bauten samt Heizkessel die erste Zentralheizung in unser Zechenhaus ein. Die Wärme war anders, nicht gemütlich, sondern temperiert nach Thermostat. Und plötzlich begann der Temperaturabfall durch Abdrehen, weil Wärme ab sofort von den Stadtwerken kostenpflichtig eingetrieben wurde. Und wenn mein Vater früh zu Bett ging, schaltete er das Licht aus, ungeachtet, wer gerade noch lesend im Zimmer saß und eine Lichtquelle benötigte.

Hatice Akyün ist in Anatolien geboren, in Duisburg aufgewachsen und in Berlin zu Hause. Im Tagesspiegel schreibt sie einmal pro Woche über ihre Heimat.
Hatice Akyün ist in Anatolien geboren, in Duisburg aufgewachsen und in Berlin zu Hause. Im Tagesspiegel schreibt sie einmal pro Woche über ihre Heimat.

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Heizkörper sind nur Dekoration

Tja, und ich bin Fleisch von seinem Fleische. In meinem Schlafzimmer sind die Heizkörper nur Deko. Mehr Decken wagen, ist mein Motto, wenn es gar zu garstig kalt wird. Im Flur bleibt es ganzjährig frisch, und in der Küche liefern die anderen Geräte genug Abwärme. Nur beim Kind und im Bad ist es warm. Elektrisch wäre noch einiges zu sparen, aber als bekennender Warmduscher und Gegner der Kaltlichtenergiesparlampen rüste ich jetzt langsam auf LED um. Das ist noch sparsamer und macht nicht so ein graues Bahnsteiglicht. Wenn Not also erfinderisch macht, müsste Berlin an der Spitze der Patentanmeldungen stehen. Im Internet fand ich die Bauanleitung für einen Teelichtofen. Mit zwei Blumentöpfen und einem Blumenuntersetzer aus Ton, ein paar Abstandshaltern und vier Teelichtern kann man zwei Stunden lang die Bude anwärmen. Ein Türke erfand das sogenannte Heizungsblut. Eine Glykol-Lösung, die schneller warm wird und die Wärme länger abgibt als das übliche Wasser in der Heizung. Einsparpotenzial: angeblich 20 Prozent.

Nicht öko, sondern sparsam

Zugegeben, nicht die Öko-Bilanz steht im Vordergrund, weder bei meinem Vater noch bei mir. Der Umweltgedanke ist wichtig, wuchs aber erst im Laufe der Zeit. Es schlägt schlichtweg zu Buche. Und so, wie mein Vater sich sein Haus vom Mund abgespart hat, so bin ich auf Sparsamkeit gedrillt. Sparsam ist nicht geizig, sondern berechnend, um sich an anderer Stelle noch etwas Lebensqualität leisten zu können. Oder wie mein Vater sagen würde: „Sakla samani, gelir zamani.“ Bewahre das Heu zur richtigen Zeit, seine Zeit wird kommen.

Hatice Akyün ist in Anatolien geboren, in Duisburg aufgewachsen und in Berlin zu Hause. An dieser Stelle schreibt sie immer montags über ihre Heimat.

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