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Berlin: Heller die Ketten nie blinken

Zum Fest schmücken die Berliner ihre Fenster mit Lampen und Lichtschläuchen. Warum machen die das?

Irgendwann kam dem Paar die Erleuchtung. Wie anders ließe sich das größte vorweihnachtliche Leuchtfeuer Nordneuköllns entzünden als mit Hilfe der ganzen Familie? So bat der Mieter im obersten Stock der Weichselstraße 62 seine Mutter in der Wohnung darunter um Hilfe – und nun erstrahlt fast die komplette Hausfront in voller Pracht. Seinen Namen will der Mann aber nicht nennen, die Leute sprächen sie ohnehin ständig auf die Festtagsbeleuchtung an.

Wenn es auf Weihnachten zugeht, lassen die Berliner ihre Fenster und Balkone mit Lichterzweigen und Rentiersilhouetten, aufblasbaren Leucht-Schneemännern und Lichternetzen erstrahlen. Wenn die Zeiten schon so düster sind, muss man das Gemüt auf andere Weise erhellen – diesen Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man bei Dunkelheit durch die Innenstadtstraßen geht. Aber auch in den Außenbezirken werden Sträucher, Bäume und Dachgiebel illuminiert, was die Steckdose hergibt. Denn Licht, so erklärt sich die Herkunft des Weihnachtsbrauches beim Blick in die Bibel, Licht ist Leben, Hoffnung, Freude. Schließlich nannte sich Jesus Christus das „Licht der Welt“. Auch Kerzen in den Fenstern sind symbolträchtig: Zeichen der Solidarität, des Gedenkens an die Toten, Bekenntnis zum Pazifismus.

Als die Alliierten noch in der Stadt waren, blinkte es vornehmlich an den Häusern der Amerikaner in Zehlendorf; in den Ost-Bezirken leuchteten Schwippbögen aus dem Erzgebirge. „Jetzt schmücken mehr Leute die Fenster, weil man übers Internet bequem bestellen kann und günstige Angebote in den Supermärkten findet“, sagt Hans-Jürgen Müller vom Zehlendorfer Fachbetrieb „Iku“. Leuchtstrahler sollen ein gutes Licht auf Geschäftsleute werfen, nicht nur am Ku’damm und Unter den Linden. „Wir haben den Neuköllner Weihnachtsmarkt und Firmen auch im Ausland ausgestattet“, sagt Müller. Ein Buckower Kunde ließ sich den Namen „Weihnachtspaketeria“ aus einem Lichtschlauch winden – Kitsch für die einen, Kunst für die anderen. In jeden Fall rät das für die technische Sicherheit zuständige Landesamt Lagetsi, das CE-Zeichen zu beachten. Lichterketten müssen am Ende eine Plastikverdickung haben, wie man sie vom Föhn kennt, sonst droht ein Stromschlag. Und die Gebrauchsanweisung auf Deutsch muss beiliegen.

Aber die Funkelfreaks in Neukölln brauchen da nicht mehr extra nachzuschlagen.

Annette Kögel

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