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Frühling: Herrlich, diese Stadt!

Berliner und Touristen genossen Sonne und Wärme. Das Wetter soll nur noch Freitag schön bleiben - am Wochenende wird es kühler

Von Fatina Keilani

Die Stadt glänzte gestern in der Sonne wie neu, alles strahlte. Wie neu auch das Gefühl des Erwachens nach dem endlosen, eisigen Winter, das erste Eis in der Sonne, das erste Sonnenbad, das erste Mal ausgestreckt auf der Wiese: „Aaaah, ist das herrlich“, war überall zu hören. Berliner und Touristen machten das beste draus und feierten spontan den Augenblick. Das ist auch nötig, denn so warm wie am Donnerstag mit Temperaturen von fast 20 Graf soll es nur noch am heutigen Freitag sein. Schon Sonnabend soll es sich wieder auf um zehn Grad abkühlen. Drum nichts wie raus und genießen – so wie die Menschen in unseren Beispielen für lauter erste Male.

DAS ERSTE PICKNICK DES JAHRES: Unter dem Popo eine Zeitung, in der Hand die Kaffeetasse, vor sich Brötchen, Käse, Schinken und süße Teilchen, so sitzen die Versicherungskaufleute Stephan Thiebes, 37, Thomas Langer, 47, und Andreas Grote, 58, im Tiergarten. Dort sieht es noch ziemlich winterlich aus - das Gras ist eher braun, kein frisches Grün wagt sich aus den kahlen Zweigen, doch die sonnige Laune der drei Herren ist nicht im mindesten getrübt. Das Geschirr haben sie aus der Versicherungsküche geborgt, ihre Pause spontan ins Freie verlegt, und keine Eile treibt sie: „Wir haben Gleitzeit“, sagt Stephan Thiebes. War es schön? „Es war herrlich und ist es noch“, schwärmt Thomas Langer. DAS ERSTE SONNENBAD: Yasmin Tawalbeh hat schon rosige Wangen. Die 28-Jährige liegt am Gendarmenmarkt auf einer Bank und genießt ihre Mittagspause; Sonnencreme hat sie nicht dabei. Gleich wird sie wieder versuchen, die Welt zu retten – oder jedenfalls dazu beizutragen. Die Kulturwissenschaftlerin ist bei der Agentur Scholz and Friends dafür zuständig, das Wissenschaftsjahr bekannt zu machen; dieses Jahr geht es um die Energieprobleme der Welt und wie man sie löst. DAS ERSTE SONNENBAD ZU ZWEIT: Am Holocaust-Mahnmal halten derweil Michael und Christiane Gonas aus Witten im Ruhrgebiet die Gesichter in die Sonne. „Sieben Minuten noch, dann müssen wir zum Bus“, sagt er. Die beiden 37-jährigen Kommunalbeamten sind auf einer politischen Bildungsreise, die ihr Bundestagsabgeordneter organisiert hat. Jetzt sitzen sie auf einer Stele des Mahnmals. In Berlin sind waren sie aber schon öfter und kommen immer wieder gerne. Sie sehen irgendwie gar nicht aus, wie man sich die Leute vorstellt, die Hartz IV-Bescheide ausstellen, aber genau das tun sie. DAS ERSTE MAL IN BERLIN: Die Stadt ist offenbar voller Touristen. Einer von ihnen hat es besonders gut. Der 17-jährige Schüler aus Sardinien liegt mit sechs gleichaltrigen, vor Wonne kreischenden Mädels im Tiergarten. Die Sieben sind für eine Woche auf Schüleraustausch hier und haben eine Menge Spaß. DAS ERSTE EIS IN DER SONNE: Ist das jetzt bloß bedächtig oder schon feierlich? Jedenfalls versenkt der Finanzbeamte Mario Witte aus Hessen seinen Löffel langsam in dem Sahneberg mit Schokosauce auf seinem Erdbeerbecher. Der 33-Jährige ist mit seinem 31-jährigen Kollegen Uwe Scheffler auf Besichtigungsreise in Berlin und sitzt jetzt bestens gelaunt am Potsdamer Platz. Ob das sein erster Eisbecher in diesem Jahr ist? „Leider ja“, sagt er lachend. Der Winter war eben lang. Viel zu lang, meinen einen Tisch weiter auch Brigitte und Jürgen Mies aus Bonn, ebenfalls stattliche Eisportionen genießend. Sie besuchen alle paar Monate ihren Sohn, der hier in Berlin ein Hotel hat. Zu Hause in Bonn ist es schon viel grüner. „Ihr Berliner seid ja an Sibirien viel näher dran als wir“ sagt Jürgen Mies (69). „Ja, bei uns sind die Krokusse schon verwelkt, dafür blühen Osterglocken und Forsythien“, sagt seine 60-jährige Frau. Am Freitag fahren sie nach Hause. DER ERSTE DRINK DRAUSSEN ist im Falle von Cilem Cicek, 23, ein frisch gepresster Orangensaft. Die Studentin der Wirtschaftsmathematik muss heute nicht zur Uni und gönnt sich deshalb mit ihrer Mutter Menevse, 54, einen Bummeltag. DAS ERSTE MAL BARFUSS: Huh! Ist aber doch noch ziemlich kalt! Schülerin Melanie, 15, hat die Schuhe ausgezogen und taucht die nackten Füße ins Wasser. Sie ist mit anderen Jugendlichen aus einem SOS-Kinderdorf in Westdeutschland auf Berlin-Besuch. Alle genießen den Ausflug als Auszeit vom Alltag. Es ist eben auch eine Stadt voller Geschichten.

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