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Berlin: Hilfe, ich bin wieder Ausländer

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen. Von Suzan Gülfirat Seit gut zwei Wochen schreibt der „Editor“ der Hürriyet täglich über einen „Skandal“ zur doppelten Staatsbürgerschaft.

Jeden Montag im Tagesspiegel: Ein Rückblick auf die in Berlin erscheinenden türkischen Tageszeitungen.

Von Suzan Gülfirat

Seit gut zwei Wochen schreibt der „Editor“ der Hürriyet täglich über einen „Skandal“ zur doppelten Staatsbürgerschaft. „Editor“ wird der Schreiber einer Kolumne genannt, der die Fragen der Leser zu Themen wie Rente, Krankenversicherung, Militärdienst und Einbürgerung beantwortet. Vor einiger Zeit erfuhr er, dass die deutsche Botschaft in der Türkei an Daten eines türkischstämmigen Deutschen herangekommen ist. So kam heraus, dass dieser sich, nachdem er Deutscher geworden war, wieder rückeinbürgern ließ.

In der vergangenen Woche ist zu diesem „Skandal“ ein neuer dazugekommen: Angeblich verlangten die deutschen Behörden von manchen Eingebürgerten entgegen den internationalen Abmachungen eine Staatsbürgerschaftsbescheinigung statt einer Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunde, zum Beispiel beim Rentenantrag. Die türkischen Behörden stellten diese Bescheinigung auch dann aus, wenn darauf stehe, dass die Person nach der Einbürgerung wieder die türkische Staatsbürgerschaft angenommen habe, hieß es.

Hürriyet veröffentlichte deshalb in der vergangenen Woche unentwegt Briefe von verunsicherten Türken. Denn sehr viele der 400 000 eingebürgerten Türken nahmen nach der Einbürgerung wieder die türkische Staatsbürgerschaft an, obwohl das nicht erlaubt ist. Spätestens seit der ausführlichen Hürriyet-Berichterstattung ist dies nun kein Geheimnis mehr. Nun sieht das neue Einbürgerungsgesetz, das seit Januar 2000 gilt, für solche Staatsbürger Sanktionen vor. Sie können kraft Gesetzes den deutschen Pass verlieren und wieder zum Ausländer werden. Auch darauf machte der „Hürriyet-Editor“ seine Leser aufmerksam. Schuld an dieser Misere seien jedoch nur die diplomatischen Vertretungen, die die Rückeinbürgerung regelrecht gefördert hätten: „Ihr könnt Euch einbürgern lassen. Wir geben diese Information nicht an deutsche Behörden weiter“, hätten sie den Menschen versprochen.

„Wie kann der türkische Staat Daten über seine Staatsbürger an einen anderen Staat weitergeben?“, fragten die eingebürgerten Türken nun empört. In türkischen Kreisen wird über eine Frau in Berlin erzählt, die deshalb ihre deutsche Staatsbürgerschaft verloren habe. Sie versuche nun auf dem Rechtsweg, ihren deutschen Pass zurückzubekommen. Auch der „Editor“ meinte, dass das türkische Innenministerium diese „geheime Information“ nicht weitergeben könne. Die Botschaft in Berlin habe der türkischen Regierung bereits mitgeteilt, in welch schwierige Situation diese Bescheinigung die Menschen bringe. Aber Ankara schaue untätig zu. Vom Innenministerium gebe es bis heute keine Erklärung. „Ankara ergibt sich“, interpretierte die Hürriyet das Schweigen.

In der Senatsinnenverwaltung hieß es zu der großen Aufregung in der auflagenstarken Boulevardzeitung: „Das kann doch nur im Sinne des Gesetzes sein, wenn herauskommt, dass jemand gegen das Gesetz verstößt.“ So sehr können deutsche und türkische Interessen auseinander liegen.

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