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Berlin: Hochhäuser zum Tiefstpreis

Unsanierte Plattenbauten könnten bald gefragt sein. Noch ist der Abriss geplant

Sie haben keine gefliesten Bäder, keine Wärmedämmung, meist schlechte Fenster und marode Leitungen: 40000 unsanierte Plattenbauwohnungen, von denen 20 bis 30 Prozent leer stehen, haben keinen guten Ruf. Wegen der HartzIV-Reform, der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe, könnten diese billigen Wohnungen noch begehrt werden. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) will aber an den Plänen ihres Vorgängers Peter Strieder festhalten, langfristig fast 5000 Wohnungen abreißen zu lassen. Die Nachfrage nach billigem Wohnraum als Folge der Hartz-Reform sei „nicht zwingend“.

Mieterverein-Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter forderte gestern den Senat auf, die Stadtentwicklungspolitik und die Abrissplanung zu überdenken. Es gebe eine neue Klientel für billige Wohnungen. „Es wird eine verstärkte Nachfrage geben“, sagte Gregor Hoffmann von der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB). Das Unternehmen hat inzwischen die Vorreiterrolle in der Diskussion um die Erhaltung von Plattenbauten übernommen. „Wir haben eine völlig neue Situation, wir müssen alle darauf reagieren.“ Rund drei Euro pro Quadratmeter Kaltmiete gelten in Leipzig als Synonym für billigen Wohnraum.

Bei 3,48 Euro beispielsweise liegt der Durchschnittspreis für unsanierte Plattenbauwohnungen in Marzahn. Er markiert die untere Berliner Mietgrenze, bei sanierten Hochhäusern der Großsiedlungen liegen die Kosten noch bei knapp über vier Euro und damit innerhalb der „Angemessenheitsgrenzen“ für Sozialhilfeempfänger. Allein in Marzahn sind 2300 Wohnungen unsaniert, hunderte könnten vermietet werden. Die Stadtentwicklungssenatorin betonte, sie halte von einer Bereithaltung von Wohnungen mit niedrigem Standard zu niedrigsten Preisen für Hartz-IV-Betroffene nichts. Es dürfe keine Ghettoisierung für Menschen mit niedrigem Einkommen geben.

Christa Fluhr vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen sprach gestern von „Panikmache“. Derzeit gebe es noch keine Richtlinien und niemand wisse, was nach dem 1. Januar 2005 wirklich auf die Betroffenen zukomme. Hartmann Vetter vom Mieterverein ist sicher, dass viele Mieter Sozialwohnungen verlassen müssen, weil die zulässigen Mietobergrenzen überschritten werden.C.v.L.

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