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Berlin: Höhere Preise, weniger Fahrgäste

Berliner reagieren auf Tarifsteigerungen im Nahverkehr besonders empfindlich, wie eine Studie zeigt

Auf Tariferhöhungen im Nahverkehr reagieren Berliner und Brandenburger besonders empfindlich: Steigen die Preise, meiden viele Kunden Fahrten mit Bahnen und Bussen. Statt mehr kann so am Ende sogar weniger Geld in der Kasse bleiben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) in Auftrag gegeben hat. Der Wunsch der Verkehrsbetriebe im VBB, zum 1. Januar 2007 die Preise erneut zu erhöhen, ist, wie berichtet, nur vorläufig gescheitert. Eine Tarifsteigerung im Lauf des Jahres ist weiter möglich.

Für VBB-Geschäftsführer Hans-Werner Franz ist aber klar: „Preise für Fahrten mit Bahnen und Bussen können in Berlin und Brandenburg nur noch moderat erhöht werden, wenn es keinen Einbruch bei den Fahrgastzahlen geben soll.“ Nach den Vorstellungen der BVG und der S-Bahn sollte der Preis für den Einzelfahrschein im Stadtgebiet um fast zehn Prozent steigen – von 2,10 Euro auf 2,30 Euro. „Zu viel“, sagte dazu Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge Reyer (SPD), die die neuen Tarife genehmigen muss.

Ihr Ziel ist es, neue Fahrgäste im Nahverkehr zu gewinnen und den Anteil des Autoverkehrs zu senken. Um dies zu erreichen, sollen die Verkehrsunternehmen nun auch Vorschläge für eine andere Tarifstruktur machen. BVG-Chef Andreas Sturmowski ist bereits vorgeprescht: Er kann sich ein neues Tarifgebiet A vorstellen, das nur innerhalb des S-Bahn-Rings gilt. Der Fahrschein würde dort dann weniger kosten als heute, weil nicht mehr für das gesamte Stadtgebiet bezahlt werden müsste. Umgekehrt könnten längere Fahrten teurer werden.

VBB-Geschäftsführer Franz ist „unglücklich“ über diese Diskussion. Der Nahverkehr sei ein kompliziertes System. Ändere man etwas an der falschen Stelle, könnte dies fatale Folgen haben.

Wie zuletzt bei der BVG: Mit der Einführung von Metrolinien bei Bussen und Straßenbahnen wollte das Unternehmen zusätzliche Fahrgäste gewinnen und die Einnahmen steigern. Um Kosten zu sparen, reduzierte die BVG ihr Angebot vor allem in den Außenbezirken, was dort nur zu einem geringen Rückgang bei den Fahrgastzahlen führen sollte.Tatsächlich stagniert die Zahl der Fahrgäste, und nach Tagesspiegel-Informationen ist das finanzielle Ziel um rund 50 Millionen Euro verfehlt worden. Zum Vergleich: Die Tariferhöhung zum 1. Januar sollte die Einnahmen um 11,7 Millionen Euro steigern.

Der Marketingchef der S-Bahn, Winfried Kramer, fordert, vor einer neuen Diskussion über Tarifstrukturänderungen erst zu prüfen, warum ein Verkehrsunternehmen keine neuen Fahrgäste gewinnt. Die S-Bahn konnte deren Zahl im vergangenen Jahr um 11,6 Prozent steigern.

Und statt das Tarifkonzept völlig umzukrempeln, sollte die Tageskarte die neue Standardkarte werden, schlägt Kramer vor. Schon bei drei Fahrten rechnet sie sich. Und wer eine Tageskarte gekauft habe, lasse vielleicht auch am Abend das Auto stehen. So, wie der Senat es will.

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