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Berlin: Holiday in Spandau

Um mehr Touristen anzuziehen, gibt der Bezirk fast eine halbe Million Euro aus – und finanzierte eine Studie, die Altbekanntes ans Licht brachte

Knapp eine halbe Million Euro kostet das Projekt, mit dem Spandau mehr Touristen anziehen will. Doch die teure Studie bringt offenbar wenig Neues, so die Zwischenbilanz nach der Befragung von 402 Spandau-Besuchern. Dass Weihnachtsmarkt und Altstadtfest die bekanntesten Veranstaltungen sind, hat keinen überrascht, ebenso wenig wie die Erkenntnis, dass die meisten Kurzbesucher aus benachbarten Bezirken oder dem Havelland kommen. „Wenn nur bereits bekannte Erkenntnisse aufgeschrieben werden, stellt sich die Frage, ob Steuergelder sinnvoll verwendet werden“, sagte der Spandauer SPD-Abgeordnete Thomas Kleineidam.

Am Westrand Berlins liegt Spandau etwas abseits der Touristenströme, selbst Stadtrundfahrtbusse machen selten zwischen Charlottenburger Schloss und Funkturm noch einen Schlenker zur Zitadelle. Damit sich das ändert, hat der Bezirk mit Hilfe der Marketing-Gesellschaft „Partner für Spandau“ im vergangenen Jahr trotz leerer Kassen rund 475000 Euro für ein zweijähriges Projekt zur Tourismusentwicklung organisiert. Ein Drittel des Geldes kommt aus EU-Mitteln für die Regionalentwicklung. Den Rest zahlt das Arbeitsamt. Es hat unter Anleitung eines Tourismusberaters über eine Beschäftigungsgesellschaft 15 Langzeitarbeitslose mobilisiert, die den Spandauern endlich zeigen sollen, wie sie Besucher locken können.

Seit Mittwoch ist wissenschaftlich belegt, was Spandauer auch schon vorher wussten: Altstadt und Zitadelle, SpandauArcaden und Ikea sowie das Gatower Luftwaffenmuseum sind die „Säulen des Tourismus“ für den Bezirk. Dass die Mehrzahl der Aktivitäten im Freien stattfindet, die Besucher durch die Altstadt spazieren, Restaurants besuchen, Einkaufen, Sehenswürdigkeiten besichtigen oder Feste besuchen, lag zwar vorher ebenso auf der Hand wie die Tatsache, dass auswärtige Gäste oft auf der Durchreise nach Potsdam oder ins Berliner Zentrum sind – doch jetzt ist es in Prozentzahlen nachzulesen.

Grundsätzlich hält Kleineidam die Tourismusförderung für angebracht, wünscht sich jedoch „mehr Effektivität“. Auch Elisabeth Paus von den Grünen findet es sinnvoll, Geld für ein „vernünftiges touristisches Konzept“ zu investieren, fordert aber stärkere Erfolgskontrollen und Evaluationen: „Beschäftigungstherapie muss nicht sein.“

Es habe durchaus überraschende Erkenntnisse gegeben, rechtfertigt „Partner für Spandau“-Geschäftsführer Sven-Uwe Dettmann die Umfrage – etwa die, dass jeder vierte Ikea-Kunde anschließend noch einen Altstadtbummel unternimmt.

Auch Bezirksbürgermeister Konrad Birkholz (CDU) wird ungeduldig. Jetzt gelte es, „schnellstens in die Phase zu kommen, wo neue Strategien entwickelt werden“. Er hoffe, dass neben der Umfrage in den sechs Monaten auch noch einige „Nebenarbeiten“ erledigt wurden. „Wir müssen darauf achten, dass die Zeit nicht vergeudet wird, sondern Nägel mit Köpfen gemacht werden. Vielleicht hätte es auch zwei Monate schneller gehen können“, räumt er ein. Wichtig sei für ihn aber, dass die Tourismus-Problematik endlich „in einer Hand" in Angriff genommen wird. Es gelte, „mit Augenmaß bei der Realität zu bleiben und das Machbare auf den Weg zu bringen“, erklärt Birkholz. Der Bezirksbürgermeister weiß: „Wir werden mit Sicherheit kein Rothenburg ob der Tauber.“

Rainer W. During

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