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Michael Ballhaus, fotografiert am 05.02.2016 in Berlin. Er galt als einer der besten Kameramänner der Welt.

© dpa

Update

Hollywoodgröße aus Berlin: Kameramann Michael Ballhaus gestorben

Der international renommierte Kameramann Michael Ballhaus ist im Alter von 81 Jahren gestorben.

Er konnte seine Hauptdarsteller zum Strahlen bringen wie kaum ein anderer hinter der Kamera. Michael Ballhaus liebte Schauspieler fast mehr als seine Regisseure und diese Liebe beruhte auf Gegenseitigkeit. Paul Newmann und Tom Cruise in „Die Farbe des Geldes“, die sich am Pooltisch wie Raubkatzen belauern, ihre intensive Anspannung zwischen Rivalität und Bewunderung. Oder das dynamische Trio Robert de Niro, Joe Pesci und Ray Liotta in dem Mafiaepos „Goodfellas“, das Martin Scorseses stagnierender Karriere einen neuen Schub versetzte. Die dunkle Höhlen dieser schicksalshaften Männerfreundschaft lotete Ballhaus mit einem außergewöhnlichen Gespür für die selbstzerstörerische Tragik der Figuren aus.

Handwerkliche Eleganz und Darsteller-Chemie

Und da war natürlich – unvergesslich – Michelle Pfeifer in „Die fabelhaften Baker Boys“, die sich im hochgeschlitzten Kleid wie eine glamouröse Meerjungfrau auf dem Piano räkelt. Ballhaus umgarnt sie mit seiner charakteristischen 360-Grad-Kamerafahrt, dem sogenannten „Ballhaus-Kreisel“, mit dem er erstmals in Fassbinders „Martha“ experimentiert hatte. Es war eine einzige Liebkosung, die Michelle Pfeiffer in den Hollywood-Olymp bugsierte - und ihm seine zweite von drei Oscar-Nominierungen einbrachte. Die Kombination aus handwerklicher Eleganz und einer einzigartigen Chemie mit seinen Darstellern machte Michael Ballhaus zum gefragtesten Deutschen in Hollywood. Zweimal wählten ihn die amerikanischen Journalisten zum Kameramann des Jahres, für „Nachrichtenfieber – Broadcast News" und „Die fabelhaften Baker Boys“.

Hollywood war bereits die zweite Karriere des gebürtigen Berliners, nachdem er zuvor schon den Neuen Deutschen Film geprägt hatte. Seine ersten Filmerfahrungen sammelte Ballhaus am Set von „Lola Montez“, der Regisseur Max Ophüls war einer Freund der Eltern, dem Schauspielerehepaar Oskar Ballhaus und Lena Hutter. Ende der fünfziger Jahre begann er zunächst im Fernsehen, sein erster Kinofilm war 1968 die Didi-Hallervorden-Komödie „Mehrmals täglich“. Aber richtig los ging es für Ballhaus erst dank der Begegnung mit Rainer Werner Fassbinder, den er in seiner Zeit als Dozent an der Film- und Fernsehakademie in Berlin kennenlernte. Mit Fassbinder drehte er 15 seiner insgesamt 80 Filme - im Jahrestakt. 1981 war dann Schluss, wegen unüberbrückbarer persönlicher Differenzen. Aber zusammen hinterließen sie ein Werk, das in der Filmgeschichte seinesgleichen sucht und ihm das Tor nach Hollywood öffnete.

Sinnesmensch hinter der Kamera

1983 bot ihm der Independent-Veteran John Sayles seinen ersten amerikanischen Film, "Baby, It's You", an. Es sollten 30 weitere Folgen. 1985 traf er Martin Scorsese, als der gerade in finanziellen Schwierigkeiten steckte. „Die Zeit nach Mitternacht“ war ihre erste Zusammenarbeit, der korrekte Deutsche und der hyperbolische Italo-Amerikaner. Ballhaus rettet Scorsese damals mit seiner inzwischen berühmt gewordenen Effizienz den Hals. Es war der Beginn einer langen und produktiven Partnerschaft.

Ballhaus war hinter der Kamera immer ein kleiner Technokrat, aber auch ein Sinnesmensch. "Das sind die Erinnerungen eines Mannes, der mit seinen Augen gelebt und gearbeitet hat.“ Mit diesen Worten begannen seine Memoiren "Bilder im Kopf", die er 2014 mit dem Journalisten Claudius Seidl verfasste. Damals hatte Ballhaus sich gerade vom Filmen zurückgezogen, die Diagnose „Grüner Star“ hatte seiner großen Leidenschaft ein Ende bereitet. Ballhaus klang in seinen Erinnerungen wehmütig, aber ohne Reue. Die amerikanische Bezeichnung „Director of Photography“ habe er stets mehr gemocht als das deutsche Wort „Kameramann“. Aber die Arbeit sei letztendlich die gleiche gewesen. „Filme mit wunderbaren Regisseuren, tollen Schauspielern, klugen und wahrhaftigen Büchern.“ Das war die Essenz eines großen Künstlerlebens, für das er mit dem Deutschen und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Im vergangenen Jahr verlieh ihm die Berlinale den Ehrenbären für sein Lebenswerk.  

Am 12. April gab die Familie bekannt, dass Michael Ballhaus, das „deutsche Auge in Hollywood“, nach kurzer Krankheit im Alter von 81 Jahren in seiner Berliner Wohnung in Zehlendorf verstarb. Das deutsche Kino ist um eine Legende ärmer. (Tsp)

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