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Andrang am Rohbau. So langsam nimmt das Humboldtforum Formen an. Am Sonntag gab’s Infos aus erster Hand.

© dpa

Humboldtforum: Zehntausende besuchten die Schlossbaustelle

Am Berliner Stadtschloss war zum Tag der offenen Baustelle eingeladen worden. Die Besucher durften zufrieden sein: Offenbar liegen die Arbeiten gut im Plan.

Am Anfang steht Begehrlichkeit mit in der langen Schlange – mal sehen, was die hier von meinem Steuergeld zusammenbauen. Also Neugier. Am Ende, als die Leute wieder aus dem Rohbau kommen, sind die meisten ziemlich happy. „Det wird wat Jroßet!“, sagt Manfred Wellnitz, der noch den Katalog der ersten Ausstellung mit Bildern französischer Impressionisten im zerstörten Schloss aus dem Jahr 1948 zuhause hat. „Ohne Planwirtschaft ist man hier offenbar im Plan“, freut sich Joachim Schwerdt, den ein ganz neues Raumgefühl befällt, als er im Schlüterhof und in der künftigen Eingangshalle steht und nach oben blickt: kahle graue Wände, schwere rote Stahlträger, rauher Betonfußboden, jedenfalls nichts Enges, sondern eine freie Weite auf der Baustelle.

An den rohen Wänden hängen utopische Fotos mit Simulationen, wie der Ort einmal aussehen soll, wenn alles fertig ist, ungefähr 2019/20. Vielleicht doch ein neuer Palast der Republik für Volkes Begängnis, einer, der nur so aussieht wie ein Schloss?

Lisbet Palmgren aus Stockholm findet das, was die Berliner mit der Mitte ihrer Stadt machen, allerdings anachronistisch, „wir leben doch im 21. Jahrhundert“, aber sie hat einen schönen Vorschlag: „Wir könnten euch unsere Silvia schicken, da hätte so ein Schloss doch wenigstens einen Sinn!“ Dem Ehepaar Ziemer aus Hohenschönhausen, Ursula 85 und Erwin 87, ist es ziemlich egal, ob Königin Angela oder ein Indianerhäuptling an der Spree residieren – „so ein Schloss gehört einfach in die Mitte von unserem Berlin, und hier beim Bau scheint auch die Organisation gut zu funktionieren. Wir wollen noch so lange leben, bis das fertig ist“, sagt Frau Ursula unter ihrem weißen Strohhut und boxt ihrem Mann in die Seite: „Nu streng dich mal an, det wa zur Eröffnung noch fit sind!“

Die Qualität der Organisation des Tages der offenen Baustelle ist jedenfalls ziemlich perfekt: Jeder Besucher erhält einen Wegeplan durch den Rohbau des „Humboldt-Forum im Berliner Schloss“ mit fünf Stationen auf vorgeschriebenen gesicherten Pfaden. Frauen und Männer mit blauen Bau-Helmen sind stets von einer Menschentraube umringt, weil sie, Mitglieder des Schloss-Fördervereins, auf (fast) jede Frage eine Antwort haben. Es gibt Bier und Bratwurst, im Schlüterhof spielen Studenten der Musikhochschule Hanns Eisler etwa Bachs Präludium und Fuge in E-Dur und andere schöne Sachen, während im künftigen „Multifunktionssaal“ Schubert, Brahms und Jazz jene Kultur verbreitet, die eines schönen Tages, wie man hoffen darf, zur Visitenkarte dieses Hauses gehört.

Burghardt Graf von Plettenberg vom Förderverein fühlt sich am Eingang neben der Humboldt-Box „geradezu überrannt“ vom Publikum, als der Dom das High Noon einläutet, sind schon über Zehntausend in den Bau geströmt, „und keiner äußerte sich negativ“. Ein bisschen Opposition und Diskussion gab es neben dem Transparent der Gegner der etwas einfältigen Ostfassade, Fred Feuerstein und seine Truppe möchten weder diesen Bürohausriegel noch „einen Trakt, von dem man meinen könnte, es handele sich um die Kaserne der Schlosswache“ – nein, offen soll es sein, „ein offenes Schloss für ein weltoffenes Berlin“.

Nun sind die Bauleute aber schon im dritten Stock angekommen, Manfred Rettig, Vorstand des Bauherrn, spricht deshalb von Blödsinn, denn das Haus müsse in sich abgeschlossen sein, während Wilhelm von Boddien Michail Gorbatschow zitiert: „Wer zu spät kommt...“ Gut gelaunt läuft der geistige Schlossbaumeister und fanatische Initiator der Aktion Stadtschloss durch die Menge: Wird der U-Bahn-Bau dem Schloss schaden?, fragt eine Dame. Nein, sagt Boddien, „die erste Röhre ist durch, die zweite kommt. Die Kiste ist fest“. Könnte der beharrliche Herr von Boddien nicht mal den BER übernehmen?

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