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Mahlzeit. Hamburger nennen die Dinger Berliner, was in Berlin wiederum keiner sagt. Das heißt dit Pfannkuchen.

© dpa

Humorist Sven Amtsberg über Olympia und Berlin: Berlin, du kleiner Moppel!

Humorist Sven Amtsberg kann über die ach so tolle Stadt (und ihren niedlichen Elb-Abklatsch namens Spree) nur lachen. Berlin ist nur die pummelige Kopie des anderen Olympia-Bewerbers Hamburg - sein Hamburg.

Berlin hatte immer schon wie Hamburg sein wollen – und scheiterte doch kläglich daran. Man schien es bereits bei der Gründung geahnt zu haben, nannte man Berlin doch nicht umsonst Berlin – ein Name, der dem Slawischen entlehnt ist und dort so viel wie „feuchte Stelle“ oder „Leck“ bedeutet. Noch heute wird kopiert und abgekupfert, was das Zeug hält. Kennt man Hamburg nicht, fällt es nicht sofort auf, und natürlich lässt sich mit urbanem Chichi und ein paar spiddeligen Hipstern noch ein jeder Kleinstädter vortrefflich blenden. Doch wer dann mal in Hamburg war, der hat kaum noch Lust, mit der pummeligen Kopie vorliebzunehmen.

Spree? Da muss jeder Seemann lachen

Allein die Spree, dieser lächerliche Elbabklatsch, treibt jedem anständigen Seemann die Lachtränen in die Augen. Die meisten Schiffe – ich meine richtige Schiffe – weigern sich denn auch, diesen Pipifluss überhaupt zu befahren. Ein Rinnsal, in dem nur die dünnsten und flachsten aller Kähne schippern, meist völlig leer, nur zur Belustigung der Touristen, denen man etwas vom Türchen zur Welt vormachen will. Selbst Heidi Kabel wolltet ihr Berliner kopieren. Gleiche Körperstatur, gleiche Frisur, derselbe volkstümelnde Blick – und doch merkte jeder sofort, dass Harald Juhnke nie wie Heidi war. Nur mit Alkohol gelang jenes Platt, das ihr dann auch noch als Berliner Platt habt einführen wollen, ihr Schweine.

David Bowie leidet heute noch

Ihr habt Iggy Pop und David Bowie zu euch gelockt. Habt ihnen Pilzfrisuren geschnitten. Anzüge mussten sie tragen. Ob-La-Di und Ob-La-Da, zwei Jahre lang habt ihr sie genötigt, unser Erfolgskonzept Beatles zu kopieren und zu übertreffen. Erfolglos, wie jeder weiß. Ende der Siebziger konnten beide dann fliehen und sind nach eigenen Aussagen noch heute dabei, die traumatischen Erlebnisse von damals zu verarbeiten. (Höre hierzu etwa „Under Pressure“ von David Bowie oder „I’m Bored“ von Iggy Pop.)

Die Currywurst habt ihr uns genommen und behauptet jetzt allen Ernstes, es sei eure Erfindung. Anfangs habt ihr sie als Fischersatz verkaufen wollen – in der Spree, da schwimmt ja nichts. Habt fischfarbenes Fleischbrät angefertigt, es geformt wie Hecht und Flunder und habt Fischmarkt gespielt. Diesen wolltet ihr, so habt ihr gewohnt großspurig verkündet, „revolutionieren“. Fischverkauf als Happening, den jungen Menschen an den Fisch ranführen, so hieß die grobe Marschrichtung. Fischverkauf und Discobeats, getreu dem Motto „Dicker Bass und dicke Brasse“. Gesichtstätowierte, die den Einlass regelten und neugierig machen sollten auf, so der O-Ton, „Nahrung gewordene Sexualität“. Dazu halbnackte Girls, die an langen Aalen tanzten. Später habt ihr den Fisch weggelassen und mit dem Berghain im Grunde unser Onkel Pö wiederauferstehen lassen.

Meine Güte, ihr habt einen Fernsehturm - na und?

Selbst vor der Teilung der Stadt habt ihr nicht zurückgeschreckt, nur um etwas Aufmerksamkeit zu erheischen. Und auch das ist nachgemacht: Hatten wir doch Ähnliches schon lange vorher mit Dänemark praktiziert. Einzig eure Kopie des Fernsehturms ist größer als unser Original. Und so werdet ihr denn auch nicht müde, das ständig und überall zu erwähnen. Es gibt kaum etwas, auf dem der alberne Fernsehturm nicht abgebildet ist. Ihr gebt ihm sogar Spitznamen, reibt euch nachts an ihm, baut eure Viertel um ihn herum, und Wohnungen mit Fernsehturmblick sind bei euch so beliebt wie bei uns Wohnungen mit Elbblick. Wir hätten nie gedacht, dass ein Fernsehturm wichtig sein könnte. Um ehrlich zu sein, wir haben unseren nie so recht beachtet. Ein Fernsehturm, mein Gott! Man macht ja auch kein Buhei um Stromspannungsmasten. Wir zumindest nicht. Wir sehen kaum noch fern. Wir haben ja das Leben, und ihr habt Berlin – Tag & Nacht.

Hamburg kennt man auf der ganzen Welt, und überall sind Menschen, die sich den Namen unserer Stadt auf Oberarm, Hand oder Steiß haben tätowieren lassen – und wenn nicht das, so findet sich doch zumindest irgendwo auf ihren Leibern die Elbe grob skizziert. In Hamburg wurde das Feuer erfunden, das Rad, der Strom und das Internet sowieso. Hamburg, das war die erste Stadt auf der Welt, die Mutter aller Städte sozusagen – weshalb Hamburg auch oft die Stadt Gottes genannt wird. Adam und Eva sollen hier zu Hause gewesen sein – ihr Apfelbaum steht noch heute im Alten Land.

Ich bin dir nicht böse, du Moppelchen

Ach, Berlin, mein kleines Moppelchen, ich bin dir doch nicht böse. Wie sollte ich? Olympia, denkst du jetzt, und dann wird alles gut. Olympia, das wäre deine Chance, unserem Schatten endlich einmal zu entkommen. Wenn erst mal die Hammerwerferinnen kommen und mit ihren starken Händen deine Brüstungen umkrallen, wenn fremdländischer Schweißgeruch durch die Straßen weht und sich mit deinem vermischt, dann wird alles gut, denkst du. Und überall starke Männer, schnelle Frauen und Pferde mit schönen Zähnen, dazu Höchstleistungen, Rekorde, Medaillen, und das dann jeden Tag.
Ach, Berlin, all das ist bei uns im Grunde Alltag. Bei uns ist fast immer Olympia. Zumindest fühlt es sich so an.

Lesen Sie im Tagesspiegel die Antwort aus Berlin ("Ach, Hamburg, du dröger Schnösel")

Berlin oder Hamburg - wer hat Olympia eher verdient? In einer gemeinsamen Sonderausgabe von ZEIT und Tagesspiegel haben wir zwei sportliche Gespräche mit den Bürgermeistern der beiden Städte geführt. Das Interview mit dem Hamburger Olaf Scholz finden Sie hier. Die komplette Sonderbeilage "Kampf der Städte" finden Sie im E-Paper vom 12. März 2015.

Sven Amtsberg

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