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Berlin: „Ich bin kein Samariter“

MartinS.soll die Nonnen in Lankwitz betrogen haben.Er fühlt sichunschuldig

Als Martin S. die Christkönigschwestern in Lankwitz kennen lernte, schätzte er ihr Vermögen auf 20 Millionen Mark. Das war 1998. Als er seine Arbeit für sie beendete, war davon nicht mehr viel übrig. Das Altenpflegeheim, das die Nonnen betrieben hatten, musste Insolvenz anmelden und schließen. Der 51jährige Martin S. wohnte bis zu seiner Verhaftung im März dieses Jahres in einer schicken Villa in der Nähe von Freiburg, die er sich mit Krediten gekauft hatte, für die die Nonnen bürgten und die er mit ihrem Geld saniert hatte.

Gestern mussten sich Martin S. und sein Freund, der 39-jährige Hermann K., wegen Betruges vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die Dominicushaus-GmbH, die ihnen die Nonnen anvertraut hatten, wirtschaftlich ausgehöhlt zu haben, indem sie das Vermögen der GmbH auf sich selbst oder ihre Firmen übertrugen.

Martin S., klein, kurze graue Haare, dunkler Anzug, gab sich gelassen. Warum er auf der Anklagebank sitzt, könne er nicht verstehen, sagte er mit weinerlicher Stimme, er habe immer nur zum Wohle der Ordensschwestern gehandelt. Die überdimensionierte Computer-Anlage zum Beispiel, die er den Nonnen für viele zigtausend Mark installiert hat, habe nur der „Transparenz und der Beteiligung der Nonnen“ gedient. Denn so hätten sie zu jeder Tages- und Nachtzeit alle Geschäfte überwachen können.

Dass seine Unternehmungen schief gelaufen sind, daran ist seiner Meinung nach das Berliner Erzbistum schuld. Denn auf einmal habe sich der Kardinal in die Geschäfte eingemischt und mit einer Klage gedroht, falls die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft des Bistums nicht die Verträge prüfen dürfe. Das habe die Schwestern – sie sind alle älter als 70 Jahre – so verschreckt, dass sie von einem Tag auf den anderen die Geschäftsbeziehungen zu ihm und Hermann K. abgebrochen hätten. „Hätte sich das Erzbistum nicht eingemischt, wäre der Schaden nicht entstanden“, sagt sein Verteidiger. Dann hätte man die Geschäfte erfolgreich zu Ende führen können.

Dass Martin S. für seine Beratung Tagessätze in Höhe von 3200 Schweizer Franken abrechnete, was nach heutigem Kurs 2100 Euro sind, findet er ganz normal. „Ich habe Schwester Stephana von Anfang an gesagt, dass ich kein Samariter bin.“ Sie sei damit vollkommen einverstanden gewesen und habe ihm später die Beraterverträge regelrecht aufgedrängt. „Die Schwestern haben ihre Hand über alles gehalten und zuvor schon zehn Jahre lang das Pflegeheim geleitet“, sagt sein Verteidiger, „da mutet es schon seltsam an, dass sie auf einmal behaupten, sie hätten keine Ahnung von den Geschäften gehabt.“

Bei dem Prozess sollen auch die Nonnen angehört werden. Ihr Insolvenzverwalter, Peter Leonhardt, hofft, in einem Zivilprozess in Freiburg einen Teil des Vermögens, das in die Villa investiert wurde, wiederzubekommen. Ziemlich sicher sei jedenfalls, so Leonhardt, dass die Nonnen in Lankwitz bleiben können. clk

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