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Berlin: "Ich brauchte bisher nicht viel Deutsch" - Fünf Volkshochschulen bieten spezielle Sprachkurse an

Auf dem Herd dampft der Tee, doch die Vokabeln gehen vor. Die Frauen in der Lehrküche, ihrem provisorischen Klassenzimmer in der Neumark-Grundschule, lassen Bleistifte und Radiergummis über ihre Zettel flitzen.

Auf dem Herd dampft der Tee, doch die Vokabeln gehen vor. Die Frauen in der Lehrküche, ihrem provisorischen Klassenzimmer in der Neumark-Grundschule, lassen Bleistifte und Radiergummis über ihre Zettel flitzen. Seit einigen Monaten lernen die überwiegend türkischen Frauen eifrig Deutsch.

"Ich suche meine alte Uhr" - ein Satz, dessen Umwandlung in die Vergangenheitsform für die zehn Frauen im "Deutschkurs für Mütter" alles andere als einfach ist. Fatma versucht es, doch sie braucht einige Anläufe, bis ihr die Übersetzung gelingt. Die 56-Jährige lebt seit 29 Jahren in Deutschland, ihre Sprachkenntnisse sind allerdings dürftig. "Ich brauchte bisher nicht viel Deutsch", sagt sie. All die Jahre hat sie sich in einem überwiegend türkischen Umfeld aufgehalten und die fremde Sprache nur stichwortartig angewandt. "Jetzt habe ich aber eine deutsche Schwiegertochter, und mit der möchte ich mich unterhalten."

Die meisten Frauen in dem Kursus haben Kinder, die nur einige Klassenräume weiter unterrichtet werden. "Der Unterricht findet jeden Tag in der Woche für jeweils drei Stunden statt", erzählt Lehrerin Renate Neuhäuser. Die Stunden für den Deutschkurs für Mütter finden immer in den Vormittagsstunden statt. Die meisten Kursteilnehmerinnen sind zwischen 25 und 35 Jahre alt und leben oft schon seit vielen Jahren in der Stadt. Deutsch haben sie in dieser Zeit nur wenig gesprochen. Erst mit der Schulpflicht der Kinder wollten auch sie die hiesige Sprache lernen. "Ich muss meinen Kindern doch bei den Hausaufgaben helfen können", sagt Emine.

In den Pausen rekapitulieren die Mütter bei einer Tasse Tee, was sie zuvor durchgenommen haben. Bereitwillig erklären sie sich gegenseitig die neu gelernten Grammatikformen, bis Lehrerin Güls"en Bingül neue Zettel verteilt. Die Frauen lernen anhand einer Zeichung eines menschlichen Körpers die deutschen Begriffe: "Das Knie, die Wade, der Fuß." Eine Schülerin steht an der Tafel und schreibt die Worte auf. Schon beim kleinsten Zögern beginnen die anderen zu buchstabieren. Das gemeinsame Lernen steht hier im Vordergrund, Konkurrenzkampf und Leistungsdruck gibt es nicht.

Am Ende des Kursus winkt zwar ein Zertifikat, aber die Hauptmotivation ist natürlich, eines Tages perfekt Deutsch zu können. "Ich möchte eine Ausbildung machen, mein eigenes Geld verdienen und von nicht vom Geld meines Mannes abhängig bleiben", erzählt eine Frau, die anderen stimmen ihr zu. Sie alle freuen sich darauf, beim Einkaufen, beim Arzt und mit den Lehrern ihrer Kinder fließend Deutsch sprechen zu können. Und ihre Männer, was halten die davon? "Die unterstützen uns", lautet die Antwort unisono.Deutschkurse für Mütter werden in den Volkshochschulen Kreuzberg, Schöneberg, Neukölln, Tiergarten und Wedding angeboten. Dort gibt es auch Informationen über den Beginn der neuen Kurse sowie über freie Plätze und Einstiegsmöglichkeiten.

Silke Edler

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