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Berlin: Ihr Lächeln bleibt

Die Potsdamerin Isabell Piepiorra trainiert Tag für Tag – beim Berlin World Cup der Sportgymnastinnen war sie trotzdem ohne Chance

Von Jutta Meier

Der Oberkörper liegt auf dem Boden. Das Rückgrat ist extrem gebogen, die Fußspitzen tippen neben den Schultern auf die Matte. Es gibt Leute, denen wird schlecht, wenn sie so etwas sehen. Isabell Piepiorra beginnt so ihre Keulen-Kür. Sie läuft und springt über die Matte, wirft die Keulen hoch und fängt sie in der Luft wieder auf. Nur zweimal lässt sie die Keulen fallen. Doch sie turnt weiter, ihr Lächeln bleibt. Und die Fans in der Max-Schmeling-Halle jubeln bei jeder geglückten Übung. Isabell Piepiorra hat hier, beim Berlin World Cup der Rhythmischen Sportgymnastik, ein Heimspiel. Nun ja, fast. Sie kommt aus Potsdam.

Es sieht alles so spielerisch aus, so locker, so leicht, aber Isabell Piepiorra hat sich nur durch harte Arbeit bis zum Wettkampf nach Berlin durchgekämpft. Sechs Stunden trainiert die 16-jährige Schülerin täglich, mit Seil, Reifen, Ball, Keulen und Band. Jeden Tag von halb vier nachmittags bis halb zehn abends. Davor steht sie 90 Minuten im Ballettraum. Zweimal pro Woche trainiert sie zudem drei Stunden noch vormittags.

So oder so ähnlich sieht das Trainingspensum der meisten der 37 World-Cup-Teilnehmerinnen aus. Und trotzdem belegten vor allem die Russinnen wieder die vordersten Plätze. Irina Tschaschina und Publikumsliebling Alina Kabaeva, die bis Ende Juni wegen des Verdachts auf Doping gesperrt waren, landeten im Mehrkampf auf Platz eins und Platz drei. In den Einzelfinals siegte Tschaschina mit dem Reifen und der Keule und wurde Zweite mit dem Ball und dem Seil. Tschaschina und Kabaeva wurden letztes Jahr positiv getestet und verurteilt. Sie protestierten und dürfen jetzt doch starten. Bis alles endgültig geklärt ist.

Woher kommt diese Übermacht? „In Russland gibt es viel mehr Mädchen, die sich für Rhythmische Sportgymnastik begeistern, und dementsprechend mehr Trainingszentren“, sagt Sonja Schmeißer, die Pressechefin des World Cups. Schulische Ausbildung und Training seien dort besser organisiert. Isabell Piepiorra besucht ein Gymnasium in Schmiden, eine Partnerschule ihres Vereins TSV Schmiden. In Schmiden, bei Stuttgart, steht das Bundesleistungszentrum Sportgymnastik. Dort trainiert Isabell Piepiorra.

Vor fünf Jahren wurde sie bei der deutschen Junioren-Meisterschaft entdeckt. Sie belegte zwar nur Platz 20, aber ihre jetzige Trainerin Galina Krylenko erkannte ihr Talent und holte sie nach Schmiden. Seither geht es bergauf. 2001 wurde sie schon Vierte bei den Deutschen Meisterschaften, in diesem Jahr holte sie mit dem Reifen sogar den Titel. Im Mehrkampf wurde sie Deutsche Vize-Meisterin.

Und jetzt Berlin, der World Cup. Ihr erster großer internationaler Wettkampf. Doch Livia Medilanski, die Chef-Bundestrainerin, warnte vor zu hohen Erwartungen. „Wir haben nicht so viele Talente wie die Russen“, sagt sie, „aber mit Isabell besitzen wir eine disziplinierte Athletin, die sich technisch stark verbessert hat.“ Die Technik wird in der Sportgymnastik immer wichtiger. Das neue Reglement verlangt von den Athletinnen immer schwierigere Übungen. „Eine Kür besteht nur noch aus aneinandergereihten Elementen“, beklagt Isabell Piepiorra. „Das Tänzerische geht völlig verloren.“

Für Talente wird es so noch schwieriger, an die Weltspitze vorzudringen. Deshalb ist die 16-Jährige mit ihrer Leistung in Berlin zufrieden, auch wenn sie im Mehrkampf nur 26. wurde. „Mein größtes Ziel war die Qualifikation für die Europameisterschaft in Madrid. Und die habe ich geschafft.“

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