zum Hauptinhalt

Berlin: ILA 2000: Der neue Flughafen Berlin-Brandenburg International soll 2007 eröffnet werden

Der Zeitplan ist eng gesetzt, aber die Planer sind optimistisch. Wenn jetzt alles klappt, könnte der neue Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld noch planmäßig zum Beginn des Winterflugplans am 1.

Der Zeitplan ist eng gesetzt, aber die Planer sind optimistisch. Wenn jetzt alles klappt, könnte der neue Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld noch planmäßig zum Beginn des Winterflugplans am 1. November 2007 mit einer Anfangskapazität von rund 20 Millionen Jahrespassagieren in Betrieb gehen. Bis dahin - so vorsichtige Schätzungen der Berlin-Brandenburg Flughafen Holding (BBF) - wird das Fluggastaufkommen auf 17,3 Millionen Reisende gestiegen sein. Zunächst ist allerdings im Rahmen der Bürgerbeteiligung mit zahlreichen Einsprüchen und Klagen zu rechnen.

Anders als in Metropolen mit wesentlich größerem Verkehrsaufkommen wie London oder Paris, die sich mehrere Airports an der Peripherie leisten können, ist das Berliner Flughafensystem nicht gewollt, sondern eine Folge der politischen Nachkriegsentwicklung. Angesichts des wesentlich dünner besiedelten und industriell schwächer besetzten Einzugsgebietes lassen sich hier drei Landeplätze nicht wirtschaftlich betreiben. Umgekehrt ist bereits heute keiner der drei bestehenden Flughäfen in der Lage, das derzeitige Jahresaufkommen von 12,4 Millionen Passagieren allein zu bewältigen.

Das vorhandene Airport-System steht außerdem den ehrgeizigen Plänen der Politiker entgegen, die zusätzlichen Umsteigeverkehr anziehen und die deutsche Hauptstadt wieder zu einem Luftkreuz machen wollen. Denn Transitpassagiere sind in erster Linie Geschäftsleute, für die der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle spielt. Mit langen Fahrten zwischen Tegel und Tempelhof oder gar Schönefeld ist Berlin nicht konkurrenzfähig. So beträgt der Anteil der Umsteiger hier gerade einmal drei Prozent, Konkurrenten wie London-Heathrow, Amsterdam, oder Frankfurt bringen es auf 33 bis 48 Prozent.

Noch nicht einmal eine sinnvolle Aufteilung des Verkehrs ist möglich. Keine der in Tegel tätigen Fluggesellschaften ist bereit, nach Schönefeld zu wechseln, solange die Konkurrenz am derzeit - trotz permanenter Überfüllung - attraktivsten Berliner Flughafen verbleibt. So scheiterten viele der Langstrecken am für Großraumjets besser geeigneten Schönefelder Airport an den fehlenden Zubringern.

Dabei eröffnet die veränderte Position Berlins von der Frontstadt hinter dem Eisernen Vorhang zur Metropole im Herzen des neuen Europa auch dem Luftverkehr in der Region neue Chancen, die genutzt werden wollen. Mindestens eine Flugstunde östlicher als beispielsweise Amsterdam, Frankfurt, London oder Paris gelegen, bietet sich die deutsche Hauptstadt insbesondere als Ost-West-Drehscheibe und als Tor für Langstreckenflüge aus der boomenden Fernostregion an.

Politiker und Flughafenplaner hoffen, wenigstens eine große, internationale Airline gewinnen zu können, die den BBI als Luftkreuz nutzt. Auf mindestens 20 Prozent soll dann der Anteil der Transitreisenden steigen. Voraussetzung ist jedoch, dass es bei der Planung und beim Bau des auch von den Fluggesellschaften geforderten, neuen Airports nicht zu weiteren Verzögerungen kommt, denn die Konkurrenz steht längst in den Startlöchern.

Knapp fünf Milliarden Mark soll der Bau des neuen Airports kosten und ausschließlich aus privaten Mitteln finanziert werden. Voraussetzung dafür ist die Privatisierung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF), die zu je 37 Prozent den Ländern Berlin und Brandenburg sowie zu 26 Prozent der Bundesrepublik gehört. Nach dem Ausschluss des von der Hochtief AG geführten Konsortiums Flughafenpartner für Berlin und Brandenburg im Februar ist die Projektgesellschaft Flughafen Berlin-Brandenburg International (PEG) einziger Verhandlungspartner der Projektplanungs-Gesellschaft Schönefeld (PPS). Unter Führung der IVG Holding AG gehören ihr Dorsch Consult, die Flughafen Wien AG, die französische Bank Caisse des Dépots et Consignations sowie die Deutsche Bank AG an. Man ist zuversichtlich, bis zum Jahresende zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen.

Sollten die Gespräche dagegen scheitern, müssten die Altgesellschafter den Bau zunächst selbst finanzieren, wenn es nicht zu weiteren, erheblichen Verzögerungen durch die Suche nach neuen Investoren kommen soll. Um den Zeitplan zu halten, hat die Flughafengesellschaft Berlin-Schönefeld (FBS) am 17. November selbst die insgesamt 49 Aktenordner umfassenden Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren eingereicht. So wird das Projekt noch unter den Vorzügen des Verkehrswegebeschleunigungsgesetzes behandelt. Anders als bei dem von langwierigen Prozessen begleiteten Bau des Münchner Flughafens entscheidet so über die auch gegen den BBI in großer Zahl erwarteten Klagen das Bundesverwaltungsgericht als einzige Instanz. Wenn für die Planer alles gut geht, gibt es Ende 2002 das Baurecht, dann kann 2003 mit den Arbeiten begonnen werden.

Die schon heute nur noch in Ausnahmefällen genutzte Nordbahn, deren Einflugschneise direkt über Bohnsdorf verläuft, wird endgültig geschlossen, die heutige Südbahn auf 3600 Meter verlängert. Weiter südlich entsteht in ausreichendem Abstand, der einen Parallelbetrieb erlaubt, eine neue, 4000 Meter lange Piste. Dazwischen wird das sogenannte Midfield-Terminal mit unterirdischem Fernbahnhof gebaut. Die Hochtief-Architekten von Gerkan, Marg & Partner hatten in Nord-Süd-Richtung verlaufende, vorgelagerte Flugsteigriegel vorgesehen. Die PEG Planungsgemeinschaft von Dorsch-Consult und dem Architektenbüro JSK favorisiert dagegen sich H-förmig an das Hauptgebäude anschließende Trakte in Ost-West-Richtung.

Dem neuen Flughafen, der eigentlich eine Erweiterung des bestehenden Airports ist, müssten die Ortschaft Diepensee mit ihren 330 Einwohnern sowie zehn Einfamilienhäuser und der alte Bahnhof von Selchow weichen. Der Umsiedlungsvertrag wurde am 23. Juni des vergangenen Jahres unterzeichnet. Dort, wo sich heute noch Diepensee befindet, würde der neue Autobahnzubringer in die Parkplätze des BBI münden. Die vom Berliner Ring kommende Autobahn A 113 soll sechsspurig ausgebaut und bis zur Berliner Stadtautobahn verlängert werden.

Vorgesehen ist auch ein vierspuriger Ausbau der Bundesstraße 96a in Richtung Potsdam. Ehrgeiziges Ziel ist jedoch, jeden zweiten Passagier mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren. In nur 20 Minuten soll der 22 Kilometer vom Stadtzentrum entfernte BBI mit einem neuen Airport-Expresszug vom Lehrter Bahnhof aus zu erreichen sein. Da die Passagierentwicklung nach BBF-Prognose bereits 2010 mit 20 Millionen Passagieren die Anfangskapazität von Berlin-Brandenburg International erreicht und bis 2030 auf 30 Millionen steigt, soll der BBI nach seiner Eröffnung modular weiter ausgebaut werden. Bis 2022 könnte auf diese Weise sogar eine Jahreskapazität von 40 Millionen Reisenden entstehen.

Rainer W. During

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false