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Berlin: Im Geiste der Schellack-Ära

Nina Hagen und das Capital Dance Orchestra swingen im Schauspielhaus

Ein Berliner SwingOrchester tut sich mit Nina Hagen zusammen, um die Tanzpalast-Ära der 20er bis 40er Jahre für einen Abend zurückzuholen. „Stars go Swing!“, Teil 1 der Konzertreihe. Kurz vor Beginn ist das Parkett im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt rar besetzt. Parkett rechts: Zehn Reihen hintereinander sitzen gerade mal zwei Menschen in der Mitte ihrer Reihe. Parkett links: ähnliches Bild. Das waren sie nicht, die „Tanz-Inseln“, von denen Nina Hagen vor dem Konzert sprach. Sie habe keine Bedenken, dass die Stühle im Saal die Stimmung hemmten. „Das Haus wird so bestuhlt, dass man tanzen kann. Es gibt Tanz-Inseln.“

In den folgenden drei Stunden füllt sich das Parkett. Hagen hat ihre Extravaganz niedriger dosiert als es auf die Pause zugeht, sie verzappelt nicht mehr mit einem Zuviel an gespielter Ekstase oder Vibrato in der Stimme die langsamen Stücke. Das wirkte ironisch, wo sie ihr Liebesbekenntnis zum alten Swing demonstrieren wollte. Hagen wackelt mit den Hüften, schneidet Grimassen, rollt R’s und Augen, wo es passt. Mit der kraftvollen Altstimme interpretiert sie Zarah Leanders „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“, Benny-Goodman- und deutsche Nonsens-Stücke. Sie tänzelt über die Bühne, mal im schwarzen Kleid mit Merlin-Hut, dann in Serviererinnen-Aufmachung oder in schwarzem Netzhemd. Im Hintergrund: 13 Musiker in Smokings und Lackschuhen. Ihren Gesichtern sieht man an, dass sie mit Freude ihre temporeichen Arrangements spielen.

Zwar tanzt auch nach der siebten Zugabe immer noch niemand auf einer Insel. Schrill aufgemachte Transvestiten, Frauen in Abendkleidern, Krawattenträger, Punks – die 500 Zuschauer bleiben sitzen. Aber ihr tosender Applaus sagt: Stimmt, die Schellack-Ära lebt. Hätte schlechter laufen können für Nina Hagen und das Orchester, das ähnliche Auftritte mit Meret Becker, Katja Ebstein und Marianne Rosenberg plant. mne

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