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Berlin: Im Passivhaus ist jeder seine eigene Heizung

Architekt Christoph Deimel hat sich auf energiesparende Wohnhäuser spezialisiert. Und die Technik dafür wird immer besser.

Christoph Deimel ist es gewohnt, seine Wohnung aufzuräumen. Regelmäßig führt er Besuchergruppen durch das Haus, das er gebaut hat und mit seiner Familie bewohnt. Die Wohnung ist eine von 19 in dem Neubau von 2009 in der Schönholzer Straße, wo Mitte an den Wedding grenzt. Mit ihren bodentiefen Fenstern und dem großen Balkon wirkt sie auf unspektakuläre Weise modern.

Der Clou ist nicht das Vorhandene, sondern, was fehlt: Es gibt keine Heizung, wenn man vom Handtuchwärmer im Bad absieht. „Der ist reiner Luxus“, sagt Deimel. Wer im Bad das Fenster schließt und die Ohren spitzt, kann den Lüfter hören, der in der abgehängten Zwischendecke sitzt und in ein Rohr am Balkon mündet. Hauptbestandteil ist ein Wärmetauscher, über den die angesaugte Winterluft so lange zirkuliert, bis sie sich fast auf Raumtemperatur erwärmt hat. Erst dann kommt sie innen an. So wird die Wohnung gelüftet ohne auszukühlen.

Natürlich lassen sich auch die Fenster öffnen. Dann sieht man, dass sie dreifach verglast und doppelt gedichtet sind. Was man nicht sieht: Von der 37 Zentimeter dicken Außenwand sind 34 Zentimeter Dämmung. Diese Isolierung sei entscheidend, sagt Deimel. Wer nicht im Winter nächtelang Durchzug macht, liefert durch seine Anwesenheit inklusive Kochen, Duschen und Licht einschalten genug Energie, um die Wohnung warmzuhalten. Heizungen gibt es nur in Erd- und Dachgeschoss. Im Sommer bleibt es dank Fensterläden aus Lärchenholz innen kühl.

Die Frage ist, wer sich das leisten kann. Im Fall von Deimels Haus ist es eine Baugemeinschaft aus elf Wohnungseigentümern und einer Genossenschaft, der die anderen acht Wohnungen gehören. Letztere dienten in dem Mehrgenerationenhaus auch dazu, den Senioren die Kreditkonditionen zu verschaffen, die ihnen die Banken verwehrten. Die Bewohner seien Künstler, Architekten, ein Programmierer, ein Greenpeace-Mann, pensionierte Lehrer, eine Journalistin. Einzige Gemeinsamkeit fast aller Bewohner sei ihr Hochschulabschluss. Und das Gefühl, mit knapp 2200 Euro pro Quadratmeter in dieser zentralen Lage ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Als Faustregel in der Branche gelte, dass ein Passivhaus – der Name spielt auf die hauptsächlich „passive“ Beheizung an – etwa sechs Prozent teurer sei als ein konventioneller Neubau und der Mehrpreis sich nach zehn Jahren amortisiere. Würde er das vor drei Jahren fertiggestellte Haus jetzt noch einmal bauen, bekäme er fürs gleiche Geld jetzt schon wieder bessere Komponenten, sagt Deimel, der sich auf Niedrigenergiehäuser spezialisiert hat. Manche deutsche Städte genehmigten für ihre Neubauten nur noch den Passivhausstandard als Minimum. Sie hätten damals in der Baugruppe vor allem um Details wie Fassadenfarben debattiert, erinnert sich der Architekt. Heizkosten waren kein Thema.

Schönholzer Str. 13/14 in Mitte (U-Bhf. Bernauer Str.). Führung ab 11 Uhr, Anmeldung unter www.berlin-spart-energie.de

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