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Berlin: Impro 2001: Schauspiel auf Zuruf

Der Zuschauer ist Regisseur: Durch Zurufe entscheidet das Publikum über Spielorte und agierende Figuren. Das Verlangte müssen die Schauspieler beim Improvisationstheater blitzschnell umsetzen.

Der Zuschauer ist Regisseur: Durch Zurufe entscheidet das Publikum über Spielorte und agierende Figuren. Das Verlangte müssen die Schauspieler beim Improvisationstheater blitzschnell umsetzen. Anspruch auf Perfektion wie beim klassischen Theater gibt es nicht, die Stücke leben vom spontanen Situations- und Wortwitz.

Neun Gruppen aus sechs Ländern (USA, Kanada, Schweden, Slowenien, Österreich und Deutschland) werden an neun Tagen von Freitag bis Sonnabend, 31. März, Leben auf fünf Berliner Bühnen bringen. Zum ersten Male findet die Impro 2001 in Deutschland statt. "Das Publikum darf nicht mit starren Erwartungen kommen. Wir sind zwar die Diener unserer Zuschauer, doch Improvisationstheater ist eher vergleichbar mit einem Fußballspiel. Da wissen die Besucher auch bis zum Ende nicht, was dabei herauskommt", beschreibt Mimin Ramona Krönke von den Gorillas, die gemeinsam mit Christoph Jungmann die Organisation des Festivals in der Hand hat.

Improvisationstheater hat viele Reize, muss aber auch noch mit Vorurteilen kämpfen: Gerade in Deutschland bezweifelt mancher Zuschauer, dass das eben Gesehene wirklich spontan entstanden ist. Doch dafür sind die Vorgaben aus dem Publikum zu komplex "Beziehungsdrama, Siemens-Sekretärin, magersüchtig", das kann man nicht vorher proben. Zudem ist der Zuschauer ins Entstehen eines Stückes direkt eingebunden: Er sieht, wie die Akteure auf seine Wünsche reagieren, wie sie in die verlangte Rolle springen, sieht, wie Musiker und Lichtmänner auf die Schauspieler starren, um sie mit der Technik unterstützen zu können.

In seiner heutigen Form gibt es das Improvisationstheater seit 40 Jahren. Der Regisseur, Dramatiker und Schauspieler Keith Johnstone entwickelte daraus das populäre Format Theatersport, bei dem sich zwei Improvisations-Teams einen Showkampf liefern, der vom Publikum bewertet wird. In der Hauptstadt zeigen die beiden kooperierenden Gruppen Theatersport Berlin (seit fünf Jahren Spielstätte Varieté Chamäleon) und Gorilla Theater (seit drei Jahren Ratibor) ihre aus dem Hut gezauberte Kunst.

Crumbs (Winnipeg, Canada), Drama Light (Heidelberg), Fastfood Theater (München), Teatresport (Stockholm), Rapid Fire Theatre (Edmonton, Canada), Theater im Bahnhof (Graz), Improvocateurs (Lubljana), Unexpected Productions (Seattle) sowie das Gorilla Theater (Berlin) sind in den nächsten Tagen zu sehen im Ratibor (gleichzeitig Festivalbüro), in der Vagantenbühne, bei den Friends of Italien Opera, im Varieté Chamäleon und im Jazzclub Schlot. Zusätzlich zu den abendlichen Auftritten werden verschiedene Workshops, auch für Kinder, angeboten, bei denen sich Laien und Schauspielprofis im Improvisieren versuchen können.

Besonderheit der Impro 2001: Die Theatergruppen finanzieren ihre Auftritte allein aus den Eintrittsgeldern und aus Spenden, die beim Publikum eingesammelt werden. Kulturförderung vom Land Berlin gab es keine, allein die kanadische Botschaft fördert das Festival mit 50 000 Mark.

Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt...

Dorothea Flechsig

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