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Berlin: In Berlin regiert die PDS gegen ihr eigenes Programm

Neue soziale Ideen versprechen die Sozialisten für die Bundestagswahl Im Alltag der rot-roten Koalition bleibt dies oft Wunschdenken

Von Sabine Beikler

„Für eine neue soziale Idee“ betitelt die PDS in weißen Buchstaben auf rotem Grund ihr Programm zu den Bundestagswahlen. Das 32-seitige Heft wird zurzeit in allen Landesverbänden verteilt und diskutiert. Eine erste Bilanz zieht PDS-Landeschef Stefan Liebich: „Ich bin zufrieden damit, dass das kein Wolkenkuckucksheim geworden ist.“ Doch was hat die Berliner PDS von Forderungen im Programm – von Arbeitsmarktpolitik bis innere Sicherheit – bisher in der rot-roten Koalition umsetzen können? Eine Stichprobe.

Arbeitsmarktpolitik : „Statt Arbeitslosigkeit Arbeit finanzieren. Weg mit Hartz IV!“, steht im Wahlprogramm, in dem auch „bedarfsgerechte Qualifizierungsangebote“ gefordert werden. Die Berliner PDS findet Hartz IV grundsätzlich nicht falsch, wie PDS-Wirtschaftssenator Harald Wolf sagte. Nur möchte sie Verbesserungen für Betroffene. Die Berliner PDS will eine Bundesratsinitiative starten, um das Arbeitslosengeld II in Ost und West auf 420 Euro, wie es der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband fordert, zu erhöhen. Über die Höhe wird zurzeit mit der SPD noch debattiert. Die PDS möchte auch höhere Zuverdienstmöglichkeiten. Ob die Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht wird, ist noch fraglich. Und was die von der PDS geforderten „Qualifizierungsangebote“ für Hartz-IV-Betroffene angeht, kritisiert die Opposition, dass die Koalition bisher keine eigenständigen Landesprogramme aufgelegt hat.

Familienpolitik: Gebührenfreie Kitaplätze für Kinder oder Ganztagsbetreuungsangebote sind unter anderem Forderungen im Wahlprogramm. Der rot-rote Senat hat die Kitagebühren jedoch um rund 43 Prozent erhöht. Dies geht aus einem Bericht der Finanzverwaltung an den Hauptausschuss vom Mai 2005 hervor. Die PDS verteidigt die Gebührenerhöhung mit den gestiegenen Kosten im Kitabereich. „Ohne uns wären die Gebühren für alle, wie es die SPD wollte, und nicht nur für die Besserverdienenden angestiegen“, sagt Liebich. Immerhin plant die Koalition, das letzte Kitajahr gebührenfrei zu gestalten.

Soziale Sicherheit: Im Wahlprogramm fordern die Sozialisten, dass Leistungen im Interesse des Gemeinwohls angemessen sicherzustellen sind wie die Versorgung mit Wasser, Strom, die Müll- und Abwasserentsorgung sowie der öffentliche Personennahverkehr. In Berlin jedoch sind laut einer Sonderauswertung des Statistischen Landesamtes die Kosten zwischen 2000 und 2004 massiv gestiegen: um über 30 Prozent im öffentlichen Nahverkehr, Gebühren für Taxifahrten um 14 Prozent, Heizung und Fernwärmekosten um 19 Prozent, Stromgebühren um 16 Prozent und die Kosten für Wasser, Schmutz- und Niederschlagswasser um über 15 Prozent.

Mehr direkte Demokratie: Die Koalition hat eine Verfassungsänderung herbeigeführt, um Volksentscheide in den Bezirken einzuführen. Nach der Sommerpause will das Abgeordnetenhaus auch über eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre beraten.

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