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Berlin: In der Kabine der Brasilianer

Heute kommen die besten Fußballer der Welt – wir haben uns ihren ruhigsten Arbeitsplatz angesehen

Der Stadionmanager zieht den schweren Zentralschlüssel aus seiner Anzugtasche, steckt ihn ins Schloss und dann – klack, klack – ist die Holztür offen. „Das ist die Kabine der Brasilianer“, sagt Peter von Löbbecke, der Manager des Olympiastadions. Er zeigt auf ein kleines weißes Schild neben der Tür, „Umkleide A“. Am Dienstagabend werden sich hier die Stars der Brasilianer auf ihr erstes WM-Spiel gegen Kroatien vorbereiten.

Die Kabine ist für einen Fußballer genauso heilig wie der Mannschaftsbus. Hinein dürfen nur die engsten Kollegen, die Spieler, die Trainer, die Masseure. Die Kabine ist für einen Fußballstar wie Ronaldinho der einzige Ort außerhalb seiner Wohnung, wo keine Fans lauern und erst recht keine Paparazzi.

„Kommen Sie herein“, sagt Manager von Löbbecke. Tief im Innern des Olympiastadions verstecken sich die riesigen Kabinen „Umkleide A“ (für Brasilien) und „Umkleide B“ (für Kroatien). Jede Kabine ist 260 Quadratmeter groß, quasi eine Vier-Zimmer-Wohnung mit etwas überdimensioniertem Bad.

In der Kabine stehen Massagebänke, an der Decke hängt ein Fernseher. Spartanisch ist der Raum eingerichtet, leise brummt ein Kühlschrank vor sich hin. An der Wand hängt ein Fön: Der ist zur WM Vorschrift vom Weltverband Fifa. Vorbei geht es an den hölzernen Spinden, an denen am Dienstag die gelben Trikots der Spieler hängen werden, hinein in den Sanitärbereich. „Entmüdungsbecken“ heißt jener Ort, in denen die Spieler ihre Muskeln entspannen und von dem es nur Fotos gibt, wenn Spieler darin mit Champagner-Flaschen den Gewinn der Meisterschaft feiern. Aber wann war Hertha BSC schon das letzte Mal Meister?

Heute kommen die Brasilianer nach Berlin, um gut ausgeschlafen zu sein für ihr WM-Spiel zwei Tage später gegen Kroatien im Olympiastadion. Sie wohnen im Hotel „Kempinski“ am Ku’damm und trainieren im Stadion Lichterfelde. Bevor sie von der Polizei dann am Dienstagabend ins Stadion eskortiert werden. Das Styling beginnt in der Kabine: Vor den Spiegeln werden sie sich rasieren oder sich Gel ins Haar streichen, um sich frisch zu fühlen.

Zum Spielfeld sind es hundert Meter. Es geht einen schmalen Gang entlang, eine lange, steile Treppe hinab, jetzt können sie die Zuschauer hören. Neunzig Minuten später stehen sie – nach Sieg wie Niederlage – unter der Dusche, ziehen sich an und traben mit ihrem Kulturbeutel wieder den stillen Gang entlang zur Tiefgarage. Da steht ihr gelber Mannschaftsbus. Mit ihm verlassen sie das Stadion – und ihren ruhigsten Arbeitsplatz.

André Görke

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