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Berlin: Integration heißt Einordnung

Wir müssen Einwanderern sagen, was wir verlangen – und es auch durchsetzen Von Jörg Schönbohm

Wenn nicht alles täuscht, ist der Zeitpunkt gekommen, ernsthaft das Thema Integration nicht nur zu diskutieren, sondern endlich die Schlussfolgerungen aus dem seit Jahren Offensichtlichen zu ziehen. Gestehen wir uns endlich ein, dass wir mit Toleranz bis hin zur Beliebigkeit, mit der Verteufelung der Diskussion um eine deutsche Leitkultur nichts erreicht haben.

Wir werden die Frage beantworten müssen, was wir von den Zuwanderern erwarten, die dauerhaft hier leben wollen. Wir haben darüber Klarheit herzustellen, ob wir sie als Mitbürger wollen oder ob sie ihre eigene Gesellschaft parallel weiterführen und ausbauen können sollen. Wir wollen mit denen, die zu uns kommen, gut zusammenleben, wie ein Bürger mit dem anderen. Das setzt aber voraus, dass auch die Zuwanderer das wollen. Unser Angebot zur Integration muss durch die Bereitschaft der Zuwanderer, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren, unter Beweis gestellt werden. Anders kann es nicht funktionieren!

Wie sollen Fremde erkennen, was wir wollen, wenn wir es nicht deutlich sagen? Beliebigkeit und falsch verstandene Toleranz haben uns in eine Sackgasse geführt. Vielleicht gerade deshalb?

In der öffentlichen Diskussion sind jedenfalls bislang Fragen zum Selbstverständnis, zu dem, was wir Deutsche wollen, mit Totschlagargumenten, „am deutschen Wesen solle die Welt (nicht schon wieder) genesen“ und ähnlich Unsinnigem beendet worden. Dennoch muss die Frage beantwortet werden: Was wollen wir Deutschen und was dulden wir nicht? Wollen wir Zuwanderung – wie in den klassischen Einwanderungsländern – unter der Voraussetzung der Akzeptanz unserer Kultur, unserer Lebensgewohnheiten und unserer Rechtsordnung – oder haben wir uns schon aufgegeben?

Es ist zu entscheiden, ob wir Migranten als Ethnie oder als Individuen betrachten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Unterdrückung von islamischen Frauen bedeutsam, die sich sonst nicht aus den in ihrer Heimat geltenden Traditionen befreien könnten.

Das Beispiel der Berliner Hauptschule zeigt, dass viele nicht wissen, was in der Mitte unserer Gesellschaft wirklich geschieht. Schon heute gibt es Stadtgebiete in Deutschland, in denen sich Deutsche fremd fühlen und wegziehen. Es mag nicht überall zu Verhältnissen wie in einem kleinen dänischen Städtchen kommen, wo sich 1969/70 145 türkische Männer als Gastarbeiter niederließen. 20 Jahre später lebten dort mehr als 2800 Türken. Das Städtchen verlor damit seine Identität. Auch in zwei weiteren Generationen fanden nur drei Ehen mit Nicht-Türken statt.

Der Prozess der Selbstausgrenzung aus der deutschen Gesellschaft kann auch nicht durch noch so gut gemeinte Integrationsangebote aufgehoben werden. Wir sollten aufhören, um das Problem herumzureden: Es ist hauptsächlich die Integration islamischer Migranten. 47 Prozent der bei uns lebenden Türken können sich nicht vorstellen, Deutsche zu werden. 21 Prozent der befragten islamischen Migranten sind der Auffassung, dass unser Grundgesetz mit ihrem Glauben unvereinbar sei.

Wenn schon jetzt die Integration an die Grenzen des Möglichen führt, dann gibt es nur einen vernünftigen Schluss: Wir sollten den Nachzug begrenzen, besonders den aus islamischen Ländern! Das Alter für nachzugsfähige Ehefrauen sollte von jetzt 18 Jahren deutlich angehoben werden; zudem sollte vor der Einreise der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse erhoben werden.

Unsere Politik kann ab sofort nur lauten: Integration intensivieren, Zuwanderung begrenzen! In erster Linie aber müssen wir für eine „nachgeholte Integration“ sorgen, die intensiv diejenigen integriert, die bei uns leben und arbeiten und vollgültige Bürger unseres Landes werden wollen. Jeder, der das nicht will, muss gehen. Ich plädiere für einen Paradigmenwechsel von einer passiven hin zu einer aktiv gestalteten Zuwanderung. Wir sollten entscheiden, wen wir benötigen und um wen wir werben. Eine solche Festlegung ist ohne Alternative, im Interesse Deutschlands – und im Interesse derer, die mit uns zusammenleben wollen.

Der Autor ist Innenminister und CDU-Landeschef in Brandenburg.

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