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Berlin: Internationaler Club

Es gibt draußen kein Schild, auch in den einschlägigen Barführern findet sich dieses Lokal nicht. Will man dennoch hinein, ist eine Prozedur fällig, die an Hochsicherheitstrakte erinnert.

Von Frank Jansen

Es gibt draußen kein Schild, auch in den einschlägigen Barführern findet sich dieses Lokal nicht. Will man dennoch hinein, ist eine Prozedur fällig, die an Hochsicherheitstrakte erinnert. Der Besucher muss im Foyer auf einen Beamten warten, der ihn begleitet. Dann verlangt eine uniformierte Dame hinter Panzerglas, den Personalausweis abzuliefern. Im Gegenzug erhält man eine Besucherkarte, die vor einen Sensor gehalten werden muss. Wenn er reagiert, ist der Gang durch die große, gläserne Drehtür frei. Will der äußerst empfindsame Sensor nicht mitspielen, gibt es ein Problem – die Besucherkarte muss neu codiert werden, sonst kreiselt die Drehtür nicht. Ist diese Hürde glücklich genommen, führt der Beamte den Besucher zu einem noblen, innen goldschimmernden Aufzug, der in den siebten Stock rauscht. Hier ist endlich das Ziel erreicht: Der Internationale Club im Auswärtigen Amt. Noblesse oblige.

So schritten der drinking man, ein compañero und ein Diplomat zunächst an der hübschen Bar vorbei in den Esssaal, um sich zu stärken. Der Raum ist, wie der ganze Club, vom Stararchitekten Hans Kollhoff in einem sacht aktualisierten Art-déco-Stil gestaltet worden. Sozusagen als Endtupfer des ehemaligen Reichsbankgebäudes mit der charakteristischen Vielfensterfront. Schwere, runde Scheibenlampen hängen an der Decke, der Parkettboden ist dunkel gebeizt. Betrieben wird das Restaurant von Lutter & Wegner; die Speisekarte wirkt übersichtlich. Schnitzel und Rapunzelsalat waren vorzüglich, nun freute sich der drinking man auf die Bar. Auch wenn bislang nirgendwo ein weiterer Gast aufgetaucht war.

Der begleitende Diplomat hatte zudem schon eine Enttäuschung angedeutet: Cocktails habe er hier noch nicht gesehen, vielleicht wären die Keeper aber doch in der Lage … Nun gut. Zunächst mal begeistert die Inneneinrichtung. Ein sehr schöner, hellhölzerner Tresen mit abgerundeten Ecken und Footrail aus Messing. Runde Barhocker mit rotem Sitz, gegenüber dann eine ebenfalls rot gepolsterte, durchlaufende Sitzbank. Davor Tische mit weißen Tischdecken, auf denen silberne Kerzenhalter stehen – mit weißen Kerzen. In der oberen Hälfte ist der Raum weitgehend verspiegelt. Eleganter kann man kaum sitzen in Berlin.

Leider gab es dann tatsächlich keine Cocktails. Nur ein paar Longdrinks. Drinking man, compañero und Diplomat nahmen Gin-Tonic und Wodka-Lemon zu sich, die in schönen, bauchigen Gläsern serviert wurden. Das war’s. Was für eine Verschwendung. Eine solche Bar müsste doch ein Sanktuarium des elegant drinking sein! Wo sonst kann man in dieser Stadt in einem gelungenen Art-déco-Remake sitzen und von Max Raabe träumen, der vielleicht gleich um die Ecke … Wenn er denn die Eingangskontrolle überstanden hätte.

Der drinking man überlegt nun, wie er an einen Diplomatenpass herankommt. Sollte es gelingen, bringt er dem Team des Internationalen Clubs ein Cocktail-Buch von Charles Schumann mit. Versprochen.

Internationaler Club, im Auswärtigen Amt, Kurstraße 36, Mitte, Tel.: 5000 4884, wochentags ab 8 Uhr

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