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Auf nach Teltow. Die Stadt will profitieren von all den Schiffen - hier in Steglitz - auf dem Teltowkanal.

© Kai-Uwe Heinrich

Investition in Brandenburg: Millionprojekt am Kanal: Kritik am neuen Hafen von Teltow

Das maritime Treiben in der Altstadt wird teuer - statt von vier ist jetzt von acht Millionen Euro die Rede: Kurz vor dem ersten Spatenstich gibt es Streit um die Kosten des Großprojektes hinter dem Strandrand von Berlin.

Teltows Altstadt soll sich zum Wasser hin öffnen und mehr Touristen anlocken. Das ist die Idee hinter einem kommunalen Großprojekt, dessen Bau am 1.November beginnen soll. Dann soll am Teltowkanal der Aushub eines Hafenbeckens auf dem früheren Betonwerksgelände starten. Die Baugenehmigung ist da, eine Million Euro Fördermittel von Bund und Land sind zugesagt. Das Hafenbecken ist nur der erste Bauabschnitt für den neuen Stadthafen. Maritim soll es hier werden mit Bootsservice, Aussichtsterrassen und Gastronomie. Doch jetzt, wo es richtig losgeht, torpedieren Grüne, Linke und Piraten in der Stadtverordnetenversammlung das Projekt.

Sie fürchten eine Kostenexplosion und kritisieren, dass die Bürger über das millionenschwere Vorhaben nie richtig informiert wurden. Beim Bürgerhaushalt, sagte der Grünen-Stadtverordnete Eberhard Adenstedt neulich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz der Kritiker, sei ein Riesenaufwand getrieben worden, um die Bürger zum Mitmachen zu animieren – ein großer Erfolg für die Stadt.

Statt 4 Millionen bald 8 Millionen Euro Kosten?

„Ich hätte mir ähnlich Aktivitäten auch für den Stadthafen gewünscht.“ Stattdessen, sagte Rolf Kasdorf (BiT), werde im stillen Kämmerlein projektiert, seien die Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen. Statt 4,2 Millionen, wie es vor einem Jahr beim Grundsatzbeschluss für den Stadthafen hieß, werde das Ganze bald doppelt so teuer. Null Bürgerinformation habe es gegeben, kritisiert Reinhard Frank von den Linken. „Vielleicht hätten sich die Teltower ja lieber für den Bau einer Schwimmhalle entschieden.“

Andreas Wolf (BfB) fürchtet gar, dass die Stadt das Projekt angesichts der Kostensteigerungen nicht aus eigener Kraft schultern kann, sondern einen Kredit aufnehmen muss. Das Rathaus würde dann wahrscheinlich das Stadtsäckel mit der Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern, Straßenausbaubeiträgen und Mieten auffüllen.

Der Hafen, prophezeien alle miteinander, wird ein Zuschussgeschäft für die Stadt, zumal von der wichtigsten Einnahmequelle, einer Halle als Winterlager für Jachten, aktuell gar nicht mehr die Rede sei. Die kleinen Fraktionen hoffen, die Bürger wachzurütteln und die teils knappen Mehrheiten, die es zu dem Projekt in der Stadtverordnetenversammlung gibt, aufzubrechen. Bevor weitere finanzielle Risiken entstehen, sollte man das Projekt zusammenstutzen, wenn nicht ganz stoppen.

Tatsächlich ist die Wirtschaftlichkeit des neuen Hafens umstritten: Die Hafenanlage mit 20 Gast- und 19 Dauerliegeplätzen wäre ein Zuschussgeschäft, wenn nicht auch das Winterlager gebaut wird, wie aus einer Wirtschaftlichkeitsberechnung vom Juni 2013 hervorgeht, die die Stadt mit dem Fördermittelantrag einreichen musste. Darin wird für den kompletten Hafen inklusive Grunderwerb von knapp 6,9 Millionen Euro Gesamtkosten ausgegangen, etwa 1,4 Millionen müsste der neue Hafenbetreiber für das Winterlager übernehmen. Es wäre die wichtigste Einnahmequelle für den Betrieb. Denn während die Bootsliegeplätze jährlich nur etwa 40000 Euro einspielen, womit sich die laufenden Kosten nicht decken lassen, würde das Winterlager 137.000 Euro einspielen und mit den Jahren für einen einträglichen Hafenbetrieb sorgen.

So sollte der Hafen einmal aussehen.
So sollte der Hafen einmal aussehen.

© Simulation: promo

Teltows Baubeigeordnete Beate Rietz (SPD) räumt auf Anfrage, ein, dass die Kosten für das Projekt in den vergangenen Monaten gestiegen sind, verdoppelt hätten sie sich aber nicht. Mit dem Haushalt 2012 hätten die Stadtverordneten bis zum Jahr 2016 insgesamt 5,5 Millionen Euro für das Projekt bewilligt, davon 1,3 Millionen Grunderwerbskosten. Inzwischen sei man bei 6,8 Millionen Euro. Hinzugekommen sei knapp eine Million Euro Zusatzkosten für die Altlastensanierung. Die Bodenbelastung habe sich erst nach einer Baugrunduntersuchung richtig gezeigt. 300.000 Euro kämen für die Hafenmeisterei mit Gaststätte hinzu, ein Stadtverordnetenbeschluss dazu steht aus. Ein Zweigeschosser – Hafenmeisterei im Erdgeschoss und Restaurant im Obergeschoss –, der anfangs vorgesehen war, werde für einen wirtschaftlichen Gaststättenbetrieb nicht reichen, sagt Rietz. Das habe man nach Gesprächen mit Gastronomieexperten verstanden: Ein Saal im dritten Geschoss werde dringend benötigt, damit es sich rechnet. „Außerdem haben sich die Stadtverordneten einen repräsentativen Bau gewünscht“, so Rietz. Statt der anvisierten 700.000 Euro werde der Rohbau eine Million kosten, den Ausbau soll der Gaststättenbetreiber übernehmen.

Rietz versichert, das Bootswinterlager werde kommen. Zwar gebe es aktuell tatsächlich nur die Ausführungsplanung für das Hafenbecken. „In der Ausschreibung für den Hafenbetrieb steht aber, dass eine Optionsfläche für ein Winterlager bereitsteht.“ Der Bedarf an überdachten Bootslagern sei rund um Berlin riesig. Eine benötigte Fläche dafür, den jetzigen Mauerpark, hat sich die Stadt grundbuchlich als Pachtfläche gesichert. Rietz sagt, alle bisherigen Schritte seien durch Beschlüsse der Stadtverordneten gedeckt. Das freilich wissen auch die Putsch-Fraktionen. Ein paar Zugeständnisse wird es vielleicht dennoch geben. Bisher habe sich zwar kein einziger Teltower zu Wort gemeldet, dass die Bürger einbezogen werden müssen, sieht man im Rathaus aber nicht anders.

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