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Streik: Je länger der Ausstand, desto mehr spart das Land

In der Stadt dürfte sich wohl niemand mehr über den BVG-Streik freuen als Finanzsenator Sarrazin.

Mit dem Streik bei der BVG will die Gewerkschaft vor allem Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zum Einlenken zwingen. Sarrazin lehnt die von Verdi geforderte Erhöhung der Tariflöhne um zwölf Prozent für alle Beschäftigten vehement ab. Tatsächlich dürfte es in der Stadt aber keinen Menschen geben, der sich mehr über den Streik freut als der Finanzsenator. Jeden Tag „spart“ das Land dadurch nämlich rund 500 000 Euro, weil es keinen Zuschuss an die BVG zahlen muss, wenn Bahnen und Bussen nicht fahren. Eine ähnlich hohe Summe kann Sarrazin zurücklegen, wenn auch bei der S-Bahn die Mitarbeiter streiken.

Auch die BVG werde durch den Streik finanziell nicht belastet, sagt Unternehmenssprecherin Petra Reetz. Dem Betrieb entgehen zwar die Zuschüsse vom Senat und es gibt Einnahmeausfälle von täglich fast 500 000 Euro, weil keine Fahrscheine verkauft werden, doch auf der anderen Seite muss der Betrieb auch weniger Geld ausgeben. So entfallen während des Streiks die Personalkosten, was sich nach Angaben von Reetz täglich auf ebenfalls rund 500 000 Euro summiert. Zudem spart die BVG Kosten beim Strom, weil Straßen- und U-Bahnen stillstehen. Die bestellte Strommenge, die die BVG jetzt nicht abnehmen kann, verkauft das Unternehmen an der Strombörse. Und bei den Bussen müssen die Tanks nicht mehr mit teurem Diesel gefüllt werden. Am Ende gehe die Rechnung bei der BVG wohl plus/minus null auf, sagte Reetz.

Nicht in Geld beziffern lasse sich allerdings der Imageschaden des Unternehmens durch den Streik. Der Ruf der Zuverlässigkeit gehe verloren, sagte Marketingchef Winfried Kramer. Der gute Ruf müsse nach dem Ende des Streiks erst wieder mühsam erworben werden.

Teuer kann es für die BVG werden, wenn der Streik sehr lange dauert. Da auch in den Werkstätten nicht gearbeitet wird, finden keine Reparaturen an den Fahrzeugen statt, die turnusmäßig vorgesehen sind. Allein im Busbereich sind täglich vier Fahrzeuge für Großreparaturen an der Reihe. Diese Arbeiten müssen nach Streikende nachgeholt werden – zum Teil mit teuren Überstunden.

Selbst bei Bauarbeiten muss die BVG während des Streiks zuzahlen. Weil jetzt auch keine Arbeitszüge eingesetzt werden können und Aufsichten durch BVG-Mitarbeiter fehlen, ruhen weitgehend unter anderem die Arbeiten auf der U-Bahn-Linie U 3 (Krumme Lanke–Nollendorfplatz). Dort lässt die BVG die Gleise zwischen Fehrbelliner Platz und Breitenbachplatz erneuern. „Hier müssen wir jeden Streiktag später nacharbeiten“, kündigte U-Bahnchef Christian Kaiser an. Ursprünglich sollte der Abschnitt bis 31. März gesperrt sein. Jetzt verlängert sich die Betriebspause in den April hinein.

Auch bei anderen Arbeiten kann die BVG den Streik nicht nutzen, um Reparaturen zu beschleunigen, weil sie bei der U-Bahn oft nur unter der Aufsicht von BVG-Mitarbeitern erfolgen können. So gibt es von den nachts üblichen 120 Baustellen in Netz nur noch etwa 20. Auch hier muss das Versäumte später nachgeholt werden. Klaus Kurpjuweit

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