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Berlin: Jede Woche Prügel

Ein Vater steht wegen jahrelanger Misshandlung seiner fünf Kinder vor Gericht

Züchtigung gehörte laut Anklage zum Alltag. In mehr als 900 Fällen soll Alfred S. seine fünf Kinder misshandelt haben. Die drei Mädchen und zwei Jungen hätten Eisenstangen, Knüppel und Holzbügel zu spüren bekommen – mindestens einmal wöchentlich. Der 45-jährige Vater aber sieht den Fall anders. „Ich habe meine Kinder nie geschlagen“, sagte er gestern vor Gericht. „Die Kinder haben nur gelegentlich Ohrfeigen bekommen.“

Handelt es sich also um erfundene Geschichten im Scheidungskrieg? „Nach Aktenlage sieht es nicht so aus“, gaben die Richter zu bedenken. Der Fall war ins Rollen gekommen, als Straßenfeger S. mit einer 12-jährigen Tochter zur Polizei marschiert war. Sie sollte dort von Übergriffen der Mutter berichten. Dann aber fiel auch der Satz: „Papa hat gesagt, ich soll nicht erzählen, dass er früher böse zu mir war.“ Die Tochter zog dann zwar nicht über ihren Vater her. Nur wenn er angetrunken war, habe er geschlagen. „Wenn er nüchtern ist, ist er nett“, erklärte später ihre ältere Schwester. Das dritte Mädchen sagte bei der Polizei, der Vater habe „mehr die Brüder“ verprügelt. Zu den Übergriffen soll es zwischen Mai 2002 und Februar 2006 gekommen sein.

Der Richter hielt S. diese Aussagen der Kinder vor. Der Mann aber blieb dabei, dass er nicht mit Gegenständen geprügelt habe. Es stimme nicht, dass er eine Tochter an den Kopf getreten, einem Sohn die Hand verdreht und fast gebrochen habe. Ihm sei bloß mal die Hand ausgerutscht.

Ohrfeigen habe Alfred S. „als normal, als Vaterprivileg“ angesehen, sagte sein Verteidiger. Die familiären Verhältnisse seien kompliziert gewesen. Der in Scheidung lebende S. sagte am Rande des Prozesses, er habe kein Essen bekommen, wenn er nach der Arbeit nach Hause gekommen sei. „Da habe ich Alkohol getrunken.“ Die Kinder leben heute in betreuten Wohngemeinschaften. Sie sollen am 22. Mai vernommen werden. K. G.

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